„Poor Things“: Blendwerk

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Lydia Mischkulnig war im Kino und hat sich „Poor Things“ angeschaut. Der Film hat sich verzettelt und der Schlussgag machte sie wütend.

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Lydia Mischkulnig war im Kino und hat sich „Poor Things“ angeschaut. Der Film hat sich verzettelt und der Schlussgag machte sie wütend.

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Einen Rückzugsort des Vergnügens suchte ich letztens im Kino, weil ich ein gemeinschaftliches Erlebnis des Sehens suchte. Originalfassung im Artis. Das Foyer hat die Kühle eines klinischen Stalls, in dem Herden erst zur Futterstelle geführt werden. Danach geht es in die Säle, wer zu früh kommt, ist selber schuld. Das blaue Licht treibt einen um den Häuserblock, will man keine Nachos. Einlass ist nach Besuch der Futterstelle gewährt.

Man nimmt Platz. Der Film startet. Rundum wird gefuttert. Die Schweinemast mit Nachos und Sauce findet lautstark statt. Ein Kulturpublikum unter dreißig frisst und schaut sich den Film „Poor Things“ an. Ein additiver Frankenstein-Killer. Mary Shelleys Meisterstück dient als Vorlage.

Doch hat der wunderbare Regisseur von „Lobster“ ein Drehbuch verwendet, das nichts vom Grundsatz eines guten Filmes weiß. Seine drei Säulen lauten: Erstens: Das Buch. Zweitens: Das Buch. Drittens: Das Buch. Unfassbar viele Einfälle sind für Kostüm, Setting und Jokes draufgegangen, aber es fehlt eine echt gute Idee, aus der etwas Ganzes entsteht. Dabei hätte sie darin bestanden, was passiert, wenn man das Gehirn eines Fötus in den Kopf seiner Mutter einpflanzt. Wie schaut die Abnabelung aus? Wie die Entwicklungsphasen? Wie wird aus einer Puppe eine reife Frau? Was macht sie dann? Skurril und durchgedreht wäre diese Machtumkehr am Ende des patriarchalen Zeitalters.

Leider hat sich der Film verzettelt und nur mit der Befriedigung von Schadenfreude beim Publikum beliebt gemacht. Der Schlussgag ist so dumm, dass es wütend macht. Der Kopf eines Bösewichtes wurde auf einen Ziegenkörper gesetzt. Man sieht eine Blätter rupfende Schimäre mit Mannskopf, in deren Gehirn das Ziegengehirn verpflanzt wurde. Wozu? Um einen Bösewicht als Ziege zu sehen. Zum Gaudium des gemästeten Publikums. Einzig das Sounddesign war toll, wenn auch peinlich gestört durch Crackers.

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