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Waffe und Gewissen

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Mit Freude verfolge ich Ihre Veröffentlichungen zur Frage des Gewissens. Ich möchte mir erlauben, Sie auf einen konkreten Vorschlag aufmerksam zu machen, der innerhalb der österreichischen Pax-Christi-Bewegung gemacht wurde.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht uninteressant, daß der westdeutsche Verteidigungsminister Blank in der eben erschienenen Broschüre „Vom künftigen deutschen Soldaten“ ähnliche Gedanken ausspricht. Es heißt dort (Seite 33 ff.), daß der Staat verpflichtet sei, vom Kriegsdienstverweigerer einen Ersatzdienst zu verlangen, und daß nur die Gewissensentscheidung desjenigen geschützt werden könne, der sich grundsätzlich zur Gewaltlosig-keit bekenne und bereit sei, für diese Haltung Opfer zu bringen.

In dem österreichischen Vorschlag heißt es: „Als verläßlichstes Kriterium, daß der Entschluß zur Waffenlosigkeit echten Gewis3ensgründen entspringt, dient die Bereitschaft zu besonders gefährlichem und mühevollem Einsatz. Die Weigerung, Waffen zu ergreifen, wird durch Sanitätsdienst an der Front und Einsatz in luftbedrohtem oder atomverseuchtem Gebiet wettgemacht. Die Möglichkeit zu einer solchen Erklärung muß bereits bei der Einberufung gegeben werden. Der schwere Entschluß zu Gefahr und Mühsal wird das Gewissensmotiv sicherer bezeugen, als dies irgendeine Kommission vermöchte.“

Der Ausdruck „Kriegsdienstverweigerer“ wurde vermieden, da er im Fall eines Krieges widersinnig ist. Im Kriegsfall dient man direkt oder indirekt dem Krieg, selbst der Anarchist, der für keine Partei eintreten will, unterstützt durch seine Haltung die Gegner des Landes, dem er angehört.

Der Vorschlag, nicht einen eigenen Zivildienst, sondern die regulären Sanitätseinheiten zu benützen, wurzelt in der Ueberlegung, daß wahrscheinlich in Oesterreich zu wenig Wehrpflichtige für eine derartige Organisation gefunden werden würden.

Die Ablehnung einer Kommission, die über die Gewissenshaltung des waffenlos dienen Wollenden zu entscheiden habe, stammt aus der Ucberzeugung, daß die Bereitschaft zu besonders gefährlichem und mühevollem Einsatz Zeichen genug sein muß, da kein Mensch des anderen Gewissen beurteilen kann.

Abschließend möchte ich noch bemerken, daß ich das Memorandum des Versöhnungsbundes kenne, und daß ich der Ucberzeugung bin, daß in den Reihen jener Menschen das reine Feuer der Gewaltlosigkeit am sichtbarsten glüht. Der Vorschlag seitens Pax Christi sollte bestimmt keine Aufsplitterung dieser Gesinnungsrichtung bedeuten, sondern nur für den Fall dienen, daß die Regierung das Memorandum für undurchführbar hält.

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