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Geisterbahn

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(Salzburger Festspiele; „Macbeth" von Giuseppe Verdi) Ein schaurig-schönes, altmodischprotziges Repräsentationsspektakel im „nordischen" Stil, mit Blitz und Donner, Rauch- und Nebelschwaden, gespenstischem Fackellicht, monströsen Wald-, Grotten- und Säulenkulissen, die vor, nach und mitunter sogar während der einzelnen Szenen hin- und herfahren — das bescherten Regisseur Piero Faggio-ni und sein in nachtschwarze Gräberromantik verliebter Bühnenbildner Ezio Frigerio zur Eröffnung der Salzburger Festspiele im Großen Haus. Sie haben Verdis „Macbeth" in einer Geisterbahn angesiedelt.

Charaktere und Triebkräfte dieser Figuren zu deuten, blieb Faggiöni freilich schuldig. Die Fragen nach dem Seelenelend des Usurpators Macbeth, des labilen Handlangers seiner machtbesessenen Frau, nach Macht- und Blutrausch aus dem Zwang der Angst, nach der Vereinsamung der Lady, deren Frustrationen in Wahnsinn umkippen, werden in diesem glatten Arrangement nicht beantwortet.

Dirigent Riccardo Chailly und Faggioni wählen für den Schluß die 1847 in Florenz uraufgeführte Fassung, obwohl sie sonst natürlich die Pariser Fassung von 1865 spielen. Macbeths Todesszene als hochdramatisches Finale: Getroffen sinkt er hin und röchelt sein „Mal per me", um dann von seinem Mörder Macduff über eine Festungsrampe in den Abgrund getreten zu werden. Uber diesen unheimlich starken Abgang lachte sogar das Salzburger Festspielpublikum.

Chailly blieb mit seinen Sän-

gern der kühnen Partitur allen Schwung, alle Schärfe und Hysterie schuldig. Leidenschaft, Angst und Wahn klangen kalt und kalkuliert. Piero Cappuccil-lis Macbeth, von einer Spitzenverfassung weit entfernt, blieb ein labiler Biedermann, Ghena Dimitrova eine stimmlich scharf attackierende Lady, freilich ohne Dämonie. Nur Nicolai Ghiaurov als edler Banco und Luis Lima als Macduff vergaßen nicht auf die Ansprüche eines Opernfestivals dieser Größenordnung.

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