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„Häme, Spott und Mauscheleien"

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Es kann nicht wahr sein, daß in den Massenmedien nur die schlechte Botschaft eine gute sein kann. Wir müssen zeigen, daß das Friedenschließen ein beglückende-res Erlebnis ist als der Streit!" - Emst Wolfram Marboe, abgewählter ORF-Programmintendant, macht sich-im fur-CHE-Gespräch Gedanken über die Informationsgesellschaft und die Zukunft der Massenmedien. Seit seinem Sturz als Programmintendant am 17. September ist er „einfacher" ORF-Angestellter; kritische Aussagen gegen seinen Dienstgeber könnten einen Vorwand für eine fristlose Entlassung darstellen (ausführliches Interview mit Ernst Wolfram Marboe auf Seite 3).

Kritik, meint Marboe, sei lebensnotwendig: „Wenn sie aber zerstörerisch wird, dann hat sie ihre Grenzen. Das ist wie mit der künsderischen Freiheit: eine Freiheit ohne Grenzen ist keine Freiheit, sondern Willkür." In diesem Sinne brauchte die Gesellschaft eine „Unterscheidung der Geister. Begriffe wie Toleranz oder Liberalität bedürfen einer neuen Interpretation. Denn was derzeit an Wort-mauscheleien passiert — wenn Worte zwar stimmig sind, aber in ihrer Verwendung dann das Gegenteil bedeuten -, das hat eine tragische Verschlimmerung erfahren." Dessen sollten sich jene, die in den Medien tätig sind, vor Augen halten.

In Österreich überwiege derzeit „eine eingeleierte, konventionelle Form des Umgangs miteinander, der sehr

gefährlich ist - für die Gemeinschaft, die Familien, die Seelen, das ganze Land. Dieser Geist hat sehr viel mit Häme zu tun, mit der Verspottung anderer, der Verletzung, der Erniedrigung." Dazu komme ein „Boom an Vorurteilen in jede Richtung" sowie eine Cliquenbildung, die dem Land schaden: „Vom berühmten Geist der Nachkriegszeit ist nicht mehr viel übrig. Und diese Cliquen führen unter der Oberfläche ihre Grabenkämpfe mit dem Dolch der spitzen Feder aus."

Gerade Katholiken müßten gegen diese Entwicklung ankämpfen, mahnt Marboe: „Selbst auf die Gefahr hin, zu j unterliegen. Ich warne davor,, durch Entsagung entkommen zu wollen. Es ist wichtiger denn je, sich zu stellen und zu bekennen."

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