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Hausherr gegen Hausherrn

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JosefWindisch, Obmann der Wiener Mietervereinigung, räumte in einem „profiT'-In-terview mutig mit abgestandenen Klassenkampfparolen auf. Windisch wörtlich: „Es gibt keine Alternativen zur Erhaltung des erhaltungswürdigen Bestands ... der Zins für Altbauten reicht zur Erhaltung nicht aus ... Wien ist der

schöne Althausbestand... Wir sind gegen eine Verstaatlichung und Kommunalisierung dieser Häuser ... bei den Schillingwohnungen trifft schon zu, daß der Hauseigentümer oft mehr Leistungen erbringen muß, als er bezahlt bekommt...“ usw.

Auch Windisch verstellt die klassenkämpferische Vergangenheit noch gelegentlich den Blick auf (betriebs-)wirtschaft-liche Realitäten. So zum Beispiel bei der Begründung der Forderung nach Renditelosig-keit des Hausbesitzes mit dem Hinweis, ein Großteil der Althäuser sei um die Jahrhun<-dertwende errichtet worden und hätte sich längst amortisiert.

Alles in allem könnte der erfreulich-realistische Standpunkt des einflußreichsten Mietervertreters aber den Weg zu einer für alle befriedigenden Reform des Mietengesetzes ebnen.

Die Antwort auf Windisch kam zwar von einem Hausherrn, von keinem indes, den

die offizielle Vertretung als ihren Sprecher akzeptieren würde. Nur einen Tag nach der Veröffentlichung des Win-disch-Interviews meldete sich der zur Bundesnotwendigkeit herangereifte Juso-Häuptling Albrecht K. Konecny in Sachen Wohnprobleme zu Wort. Mit einem neuen Programm der alten Schlagworte („Wohnung darf keine Ware sein“ u. ä.).

Anders als Windisch, der nach drei Jahrzehnten Erfahrung in Sachen Mieterschutz nicht Show, sondern eine Lösung anstrebt, will Konecny offenbar in erster Linie sein Hausherrn-Image loswerden. Und dabei kann man sich begreiflicherweise nicht von Fakten ablenken lassen.

Absolute Krönung des Sechs-Punkte-Programms der Jusos ist die Forderung nach Begrenzung der individuellen Wohnungskosten auf maximal 20 Prozent des Einkommens und den Ausgleich der Differenz zu den tatsächlichen Wohnungskosten durch den Staat. Wie wenn Wohnen dadurch billiger würde, daß die Miete nicht direkt aus der Lohntüte, sondern auf dem Umweg über das Finanzamt bezahlt würde ...

Ich sehe schon den Idealtypus des neuen Mieters ä la Konecny vor mir: Halbtagsbeschäftigt (womöglich im Staatsdienst), damit das offizielle Einkommen möglichst klein bleibt, die andere Hälfte des Tages auf gepflegter Schwarzarbeit, damit das Geld zum Einrichten der subventionierten 150-Quadratme-ter-Wohnung nicht zu knapp wird.

Neo-Parlamentarier Konecny freilich dürfte eher leer ausgehen. Mit 20 Prozent seiner (steuerbegünstigten) Abgeordnetenbezüge wird er sich wohl eine Wohnung im eigenen Haus leisten können. Oder?

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