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Hermann Lenz erzählt

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Hermann Lenz hat heuer den Büchner-Preis erhalten: Ein Ausgezeichneter also. Knapp vor der Preisverleihung ist ein neuer Roman von ihm erschienen: „Tagebuch vom Leben und vom Uberleben.“ Ein Buch, das symptomatisch ist für eine Generation deutscher Schriftsteller. Eine Generation, die immer noch versucht, das Trauma des Zweiten Weltkrieges, das Trauma des Nazi-Regimes zu verarbeiten.

Bei Hermann Lenz ist es ein Kriegsheimkehrer, der sich im Deutschland der Jahre 47/48 wieder zurechtzufinden versucht. In einem ausgebombten Haus, eingepfercht in enge Räume. Der Held, Eugen Rapp, lebt unter ärmlichsten Verhältnissen, friert, hungert.

Doch: Er hat Zeit. „Zeit ist Freiheit“, sagt er einmal. Freiheit von politischer Betätigung, Freiheit vom Duckmäusertum, Freiheit von allen Zwängen, die der Krieg und das Regime mit sich gebracht haben.

Eugen Rapp versucht zu schreiben, seine Erlebnisse niederzuschreiben.

zu verarbeiten. Ein Roman im Roman entsteht, eine zweite Ebene, in der sich die Vergangenheit noch einmal spiegelt. In tausend Facetten.

Immer wieder bricht auch die Realität durch. Die Gegenwart. Das Elend. Die Unzufriedenheit, die Gemeinheit der Verleger, die Zwänge eines Schreibenden. Dann wieder: Träume, Visionen von Glück, von Zufriedenheit.

Hermann Lenz kann erzählen, kann fabulieren, kann eine Zeit lebendig machen, spannend. Vor allem für Leser, die den Krieg nicht erlebt haben.

Eugen Rapp hat überlebt, hat sich vielleicht arrangiert, hat aber trotzdem jenen Rest an Idealismus und Traum bewahrt, der ihm hilft, die Vergangenheit auch zu bewältigen. Ein gutes Buch.

TAGEBUCH VOM ÜBERLEBEN UND VOM LEBEN. Roman von Hermann Lenz. Insel-Verlag, Frankfurt am Main, öS 146,-.

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