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„Ich kann nichts tun, ich schaue nur zu!“

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Wenn Peter Rosei, Jahrgang 1946, aus Wien gebürtig, Jurist und zwei Jahre lang Sekretär beim prominentesten Maler des phantastischen Realismus, Ernst Fuchs, vom Roman spricht, spricht er von technischen Verfahren, von „Wortlandschaften“, von einem „linearen Erzählvorgang“, vom „Zurücknehmen des Poetischen“...

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Wenn Peter Rosei, Jahrgang 1946, aus Wien gebürtig, Jurist und zwei Jahre lang Sekretär beim prominentesten Maler des phantastischen Realismus, Ernst Fuchs, vom Roman spricht, spricht er von technischen Verfahren, von „Wortlandschaften“, von einem „linearen Erzählvorgang“, vom „Zurücknehmen des Poetischen“...

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Artmanns „magnetische Masse“, diese Sätze, aus deren Ausgang wir bereits ablesen, wie die Anschlußformeln aussehen müssen, das Material Sprache und ihre Gebrauchsmethoden faszinieren ihn. Erste Erfahrungen, einmal bereits im aufsehenerregenden Erzählband „Landstriche“ (Residenz Verlag, Salzburg, 1972) gesammelt und ausgewertet, haben sich weiterverdichtet. Komprimiert zu seinem neuen Roman „Bei schwebendem Verfahren“ (Residenz), aus dem er vor kurzem in der Gesellschaft für Literatur vorlas.

Ein Gespräch mit Rosei: Vorsichtiges Abtasten des Gegenübers ... Erklärungen gibt er nicht gern: Autobiographisches in seinem Buch, sein „Ekel vor dem Intellektuellen, vor dem Intellek-tuell-Sedn“, seine gewollte Distanz zum Gesellschaftsbetrieb — „Hofnarrendasein?“, sagt Rosei: „Nein!“ — ... Das alles möchte er lieber verschweigen. „Ich kann ja nichts tun, ich schaue nur zu“, ist sein geheimes Credo der Passivität wie das seines Romanhelden Malej im „Schwebenden Verfahren“. Auch er „erlebt sehr wenig, tritt kaum in Aktion“. Auch er

hat irgendwie diese .Attraktion auf Kranke“ wie der junge Rosei. ,J3enn krank scheinen viele in dieser Gesellschaft.“

Rosei schrieb das Buch in Ichform. Er erinnert sich Dostojewskis „Dämonen“: Den Kunstgriff, den dieser sich erlaubt, das Buch halb in Ich-, halb in Er-Form zu schreiben, hat Rosei allerdings nicht gewagt. Warum dann die IchiForm? „Es ging mir ums technische Verfahren, um die Bewältigung! Im Ich ist alles überzeugender darzustellen. Um so mehr als ich Motivierungen aus dem Unterbewußten ablehne.“ Dafür bietet Rosei allerdings „doppelte Ebenen“: eine realistische Szene mit einer geradezu dämonisierten Dingwelt — einer Dingwelt, die vielfach ins Geschehen eingreift, geradezu Handlung erzeugt — und eine große Parabel im Hintergrund: die Entstehung eines Gesetzes, an dem sein Schöpfer zugrunde geht, eines Gesetzes, das als Vorwand benützt wird. Und konsequent fragt Rosei: „Wo sollte da doch Platz für die Psychologie bleiben?“

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