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Im Versuch steckengeblieben

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Er zieht auch heuer wieder seine Sommerschnurren ab: Paisiellos „Barbier von Sevilla“, der sich nach Wiener-Kammeropern-Tradition im Schönbrunner Schloßtheater • als Possenreißer, Ehestifter, Schreck der feisten Sevillaner Bürger verdingt hat. Allerdings heuer tut er's hochgestochen, mit Intellekt. Denn die Kammeroper engagierte als Regisseur und Ausstatter Renato Capecchi, den kauzigen Star der Mailänder Scala und New Yorker ,.Met“, der sich für Paisiellos Meisterwerk eine moderne, psychologisch motivierte Spielfassung überlegte und diese mit jungen Sängern in einem internationalen Kammer-opern-Worikshop erarbeitete.

Capecchi, selbst Sänger und überaus kritischer Opernibeofoachter, versuchte die Komödie von all ihren gängigen Klamauikmaohereien zu befreien, die Klischees abzuräumen. Dem Spiel wollte er einen durchgehenden dynamischen Entwdck-lungsbogen geben, Mensohlich-Rührendes, Motive des Handelns, die tiefen Zwänge und Ursachen körperlich-seelischer Defekte, die in der Commadia in Klamauk und Bom-bengags umkippen, einmal freilegen. Ein ernsthafter Versuch also, mehr als bloß diskutierenswert. Wie man sich das von Capecchi eigentlich erwartet.

Allerdings ist das meiste im Versuch steckengeblieben. Denn Capecchi ist auf ein Sängerteam gestoßen, das zuwenig Opernerfänrung besitzt, nicht über die komödiantische Bravour und lässige Spiel-eleganz verfügt, um derart anspruchsvolle Deutung voll auszuspielen. Sie hängen alle ein wenig mit diesen Problemen, was die Auf-

führung enorm verlangsamt. Und was sonst noch effektvolle Steigerung des Spiels bedeutete, nämlich die optische Kargheit einer weißen Wand und eines skurrilen Metallkäfigs, kehrt hier bloß die Schwerfälligkeit des ganzen Teams um so stärker hervor. Eines Teams, das den ■Bühnenraum nicht nach Com-m'edia-deirArie-Art zu füllen vermag, das mit den wenigen Recjui-siten nicht sein Spiel der Verführung vorexerzieren und abschnurren lassen kann...

Aber da stimmt auch das Tempo des Dirigenten Nino Buonavolontiä nicht. Er läßt die Zügel schleppen, daß ' die Aufführung über lange Strecken durchängt. Was wenigstens musikalisch nicht notwendig wäre. Vor allem nicht bei dem wenigstens stimmlich soliden Team Gate' Oliver, Maurizio Mani'redi, James Stith, Andrew Schultze, Ibrahim Moubayed, das einfach mehr Feuer aus dem Orchester brauchte, um in Hochform zu kommen.

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