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In feiner Gesellschaft

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Wien war der Mittelpunkt seines Lebens. Selten und ungern verließ Ferdinand Käs, dem das Wort Urlaub ein Fremdwort war, diese Stadt. Genaugenommen nur dann, wenn ein Befehl ihn dazu veranlaßt hatte. Das war so im April des Jahres 1945 und dann wieder im Oktober 1950.

1945 gab er sich den Befehl sogar allein. Damals, als der Oberfeldwebel in den Reihen der deutschen Wehrmacht dem Komman-

danten des militärischen Widerstandes Major Szokoll gegenüber sich spontan bereit erklärte, das „Himmelfahrtskommando“ eines zweifachen Gangs über die Fronten hinweg zu wagen. Es galt, Kontakt mit der anstürmenden Roten Armee herzustellen und von Wien den ihm von den NS- Machthabern zugedachten „Endkampf“ wie in Budapest und Breslau abzuwenden.

Mag auch Verrat ein volles Gelingen des „Unternehmens Radetzky“ verhindert haben, wochenlange Straßenkämpfe blieben der schwer geprüften Stadt durch den von Käs als Kurier vereinbarten Schwenk der 2. Ukrainischen Front erspart.

Niemand weiß, wie viele Menschenleben durch die kühne Tat von Käs und den anderen Männern des österreichischen Widerstandes damals gerettet wurden.

Ferdinand Käs aber trat ins Glied zurück. Er reihte sich still in die im Aufbau befindliche Exekutive ein. Als Gendarmeriemajor trat er noch einmal in das Rampenlicht der Öffentlichkeit. Da

mals, als er mit der von ihm vorbildlich geführten und straff organisierten Gendarmerieschule Rennweg im Oktober 1950 in das von kommunistischen Rollkommandos terrorisierte Wiener Neustadt einrückte.

Ein solcher wenig zu Kompromissen und zu Zurückhaltung neigender Mann macht sich natürlich nicht überall beliebt. Als er auf eine gleichartige Natur als Vorgesetzten stieß, gab es Funken.

Der Bundesminister für Inneres, Franz Olah, war natürlich der Stärkere. Die Auflösung der von Käs geformten Gendarmerieschule hat dieser nie überwunden.

Im August 1988 meldete sich der inzwischen in den Ruhestand getretene Sektionschef Ferdinand Käs nach einem Herzinfarkt still und unauffällig „zur großen Armee“ ab.

Ferdinand Käs, der als Angehöriger des Infanterieregiments Nr. 4 in der Ersten Republik seine militärische Laufbahn begonnen hatte, war und blieb Zeit seines Lebens ein „Deutschmeister“, wie er im Bilderbuch steht: Aufmüpfig, goschert, mitunter respektlos, allen angemaßten Autoritäten abhold.

Im dichten Kugelhagel eines mörderischen Gefechtes soll einmal so ein „Edelknabe“ mit den himmelblauen Aufschlägen vor seine Kompanie gesprungen sein mit dem Ruf: „Vorwärts Leutln! Einen jeden trifft es ja nicht, und wenn es uns alle trifft, dann sind wir wieder eine feine Gesellschaft.“

Inmitten dieser feinen Gesellschaft hat Ferdinand Käs am 7. März seinen 75. Geburtstag gefeiert.

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