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Kampfverstört

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(Staatsoper im Theater im Künstlerhaus; „akob Lenz“ von Wolfgang Rihm) Als „akob Lenz“ 1979 in Hamburg uraufgeführt wurde, war der Erfolg dieser zweiten Kammeroper des Komponisten sozusagen vorgezeichnet. Jetzt hat Regisseur Heinz Lukas-Kindermann dem noch immer erstaunlich brisanten Stück auch in Wien zu durchschlagendem Erfolg verholf en. Er kann sich dabei vor allem auf die perfekte Sängerbesetzung - Richard Salter als Lenz, Rudolf Mazzola als Pastor Oberlin und Helmut Wüdhaber als Freund Kaufmann — ebenso verlassen wie auf den Dirigenten Peter Keuschnig und den Bühnenbildner Dieter Schoras.

Gemeinsam gelingt eine brisante, auch optisch aufregende Darstellung des Lebens des Dichters Jakob Lenz in seiner Verstörung. Lenz (1751 bis 1792), Sturm-und-Drang-Künstler, Dichter des Aufbruchs, der romantischen Wahrheitssuche und der Ungebärdigkeit wird zu einer Gestalt von heute. Rihms Lenz ist verstört wie die Figuren Thomas Bernhards. Sein aufreibender Kampf zwischen Wirklichkeit, Traum und Wahnsinn ist ein Kampf gegen die Macht der Konvention und die Ubermacht des Vaterbüdes — nicht von ungefähr dominiert auf der Bühne eine Kolossalstatue Goethes -, gegen die unerträgliche Last der Vereinsamung.

Aber die Revolte tobt in Lenz Kopf und treibt ihn, nach rastlosem Herumziehen und dem Tod seiner Gehebten, in das „Abenteuer“ des Irreseins. Schoras Bühnenbüd, ein weißer Seziersaal, wird zum Anatomietheater der Seele.

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