Corona: Einsam in Betlehem

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Über Weihnachtsgefühl einmal ganz anders in Covid-Zeiten.

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Über Weihnachtsgefühl einmal ganz anders in Covid-Zeiten.

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Goldene und rote Kugeln glitzern an dem großen Weihnachtsbaum im Stadtzentrum von Bethlehem. Er steht wie jedes Jahr vor der Geburtskirche Jesu. Ein Versuch, ein wenig Normalität in diesen Corona-Advent zu bringen. Denn die meisten Geschäfte auf dem arabischen Bazar sind geschlossen, schon seit Monaten.

Zu meinen Aufgaben als ARD-Korrespondentin gehört die weihnachtliche Berichterstattung aus Bethlehem. Seit Jahren verfolge ich, wie die Besucherzahlen steigen. 2019 verzeichnete die Stadt im palästinensischen Westjordanland mehr als drei Millionen Touristen. In der Geburtskirche sind sich die Pilger gegenseitig auf die Füße getreten. In diesem Jahr habe ich die Kapelle ganz für mich alleine. Ein unbeschreibliches Gefühl, besinnlich-erfüllend und traurig-einsam zugleich. Bethlehem war die erste Stadt in den palästinensischen Gebieten, in der die Pandemie ausgebrochen ist – eingeschleppt durch Pilger. Deshalb wurde im März ein Lockdown verhängt. Ohne Pilger und damit ohne Einnahmequelle – die Menschen sagen, das habe es seit der Kreuzfahrerzeit nicht gegeben. Mittlerweile sind mehr als 60 Prozent arbeitslos. Weil die Autonomiebehörde vor dem finanziellen Kollaps steht, bekommen sie keinerlei Unterstützung. Aber in die Melancholie und Verzweiflung mischt sich vorweihnachtliche Hoffnung. So hat ein traditioneller Holzschnitzer damit begonnen, seine Weihnachtskrippen im Internet anzubieten.

Er verschickt aus Bethlehem Pakete in die ganze Welt. Sehr beeindruckt hat mich auch ein Hotelbesitzer. Über die Weihnachtstage wäre er ausgebucht gewesen. Jetzt steht er in seiner dunklen, verwaisten Lobby und sagt, als Christ in der Geburtsstadt Jesu gebe er nicht auf. Irgendwann sei die Pandemie vorbei. Aber Bethlehem werde ewig Sehnsuchtsort für Besucher bleiben.

Die Autorin ist Korrespondentin der
ARD im Nahen Osten.

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