Für den Katastrophenfall

Werbung
Werbung
Werbung

Jonathan Franzen hat die Weltenretter verärgert: Der Klimawandel sei so weit gediehen, dass wir uns auf die Katastrophenbewältigung einstellen sollten. Das hört man nicht gerne, wo doch alles derzeit so gut läuft: E-Autos, Flugticketabgabe, CO₂-Steuersystem, Kohle im Ab- und Sonne im Aufstieg.

Doch Franzen hat recht. Energie bleibt ein Problem. Mehr E-Autos, welche die nächsten zwei Jahrzehnte mit fossiler Energie fahren. Mehr Wind und Sonne, bei denen die Speicherprobleme ungelöst sind. Und eine Epidemie der Klimaanlagen. Die elektronische Welt braucht immer mehr Strom. Einzig die Option Wasserstoff leuchtet in der Ferne: die brauchbarste und ineffizienteste Art von Energieerzeugung – sinnvoll, wenn man Überschussstrom aus Wind und Sonne nutzt. Und man muss tausend Bürgerinitiativen managen, die sich gegen alles wehren.

Aber nachhaltige Energie bedeutet keine Lösung des Rohstoffproblems. Ungeheurer Inputbedarf mit Engpässen, gerade im E- und Ökobereich, ungeheure Outputschäden: Mist, Plastik, Schadstoffe. Billige nachhaltige Energie würde die Produktion sogar fördern. Unterentwickelte Länder verlangen erst ihren Anteil. Für die Vermüllungsstabilisierung müsste man den materiellen Durchsatz auf ein Viertel des gegenwärtigen reduzieren. Recycling hat rigide technische Grenzen.
Die Situation ist schwer vorstellbar, in der man „churchilloid“ der Wählerschaft „Blut und Tränen“ verheißt.

„Alles“ vierteln: Das wäre ein interessantes Regierungsprogramm. Bei klugem Leben wäre es gar nicht so problematisch. Aber auch international ist es ein Gefangenendilemma: Wer aus dem Expansionswahn ausschert, den beißen die Hunde. Resümee: Natürlich soll man Klimareform machen. Aber Rückstellungen für die Katastrophe wären angebracht.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Uni Graz.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung