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Kreiskys Nachfolger

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In einer österreichischen Tageszeitung war jüngst die bewegende Klage einer Hausfrau zu lesen: Wenn sie das Radio auf drehe, wen höre sie? Kreisky. Wenn sie den Fernsehapparat einschalte, wen sehe sie? Kreisky. Wenn sie eine Zeitung lese, über wen werde geschrieben? Kreisky. Und sie klagt, daß sie sich schon gar nicht mehr eine Konservendose zu öffnen getraue.

Nun stellt aber gerade cfie Dose zwar eine naheliegende, aber keine brauchbare Lösung des Problems „Wer wird Kreiskys Nachfolger?“ dar. Zu gering sind die verwertbaren Vorräte und zu groß ist die Gefahr der Verfälschung — der Lebensmittelskandale sind schon genug gewesen.

Nun verlautet aber aus, wie es gewöhnlich heißt, gewöhnlich gut informierten Kreisen der SPÖ, daß die endgültige Lösung gefunden sei. Noch in dieser Legislaturperiode werde man einen Gesetzefcantrag einbringen, den Begriff „Bundeskanzler“ in der Verfassung durch den Begriff „Kreisky“ zu ersetzen, wodurch der ohnehin schon längst als Synonym gebräuchliche Name nicht mehr länger dem Amt nur gleichgesetzt wird, sondern das Amt selbst bezeichnet.

Damit wäre auch ein allfälliger Sieg einer anderen Partei in seiner Gewichtigkeit gemildert, den Medien und dem Volk die Umstellung erspart, und das Nachfolge- Kreisky-Problem auf Dauer gelöst. (Auch der Name Cäsar ist bekanntlich zum Begriff geworden.)

Die Gefahr eines sozialistischen Mayerling oder Sarajewo bedroht nunmehr auch keinen der Kronprinzen, im Gegenteil, die höchste denkbare Karrierestufe ist für alle gleich viel wert - nämlich den Verzicht auf die Identität zugunsten eines für die Partei unersetzbaren Begriffes.

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