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Leben im Süden

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Es wird viel geredet über unseren südlichen Nachbarn; recht oberflächlich geschah das jüngst auch im ORF. Wahrscheinlich war diesen Leuten der Dichter Stefan Andres (1906 bis 1970) nicht oder nur vom Hörensagen bekannt, schon gar nicht dessen teils aus dem Nachlaß stammender und vor kurzem erschienener Band mit Erzählungen, denen die Erkenntnis vorangestellt ist, daß einer, der nach Italien geht und als Verwandelter heimkehrt, ein ganz anderer ist als jener, der über das Land ein * Buch zu schreiben versucht.

Der Verwandelte war der Dichter ja selbst. Was er erzählt, ist erlebt, und deshalb auch empfindet ein mit Land und Leuten Vertrauter die fehlerhafte Wiedergabe mancher italienischen Ausdrücke und Namen als störend, was aber nicht dem Dichter anzukreiden ist, denn dieser kannte die Sprache genau. Wie dem auch sei, Stefan Andres war der bedeutendste Autor der ersten deutschen Nachkriegszeit und hat seine Lesergemeinde, auch in anderen Ländern und Sprachen.

Er war ein deutscher Mittelmeermensch und fühlte sich vor allem den kleinen Leuten verwandt, ihrem „buon senso“ und ihrer oft ausgesprochen aristokratischen Haltung, ihrem Sinn für das natürlich gute Benehmen, ihrer Bescheidenheit und Rücksichtnahme, * jener einfachen Frömmigkeit auch, die dem Denken Maß und Besinnlichkeit gibt. So deutet der Dichter Landschaft und Menschen, lobt Ehrfurcht und Gerechtigkeit, bisweilen auch äußerst humorvoll. Fest steht daher seine Kunst, der „Turm aus Worten“, den er der Nachwelt gebaut hat.

SEHNSUCHT NACH ITALIEN. Von Stefan Andres. Langen-Müller Verlag, München-Wien 1988. 175 Seiten, kart., öS 153,50.

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