Eine interessante Reaktion auf das von der Regierung geschnürte Sparpaket ist mir als Kenner der Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung besonders aufgefallen und müßte eigentlich auch den politisch Verantwortlichen zu denken geben, sofern sie sich überhaupt noch ein Sensorium für historische und soziale Zusammenhänge bewahrt haben.
Es geht um die bemerkenswerte Tatsache, daß die Bediensteten der Wiener Elektrizitätswerke als eine der ersten Gruppen der Betroffenen eine Betriebs- und Protestversammlung einberufen und durchgeführt haben.
Es waren nämlich auch die Angehörigen der E-Werke, die am 15. Juli 1927 als eine der ersten Gruppen statt zur Arbeit zu gehen in die Stadt demonstrieren gingen.
Und es waren, um einen zweiten markanten historischen Punkt der Entwicklung herauszugreifen, die Arbeiter und Angestellten der Elektrizitätswerke, die im September 1964 besondere Sympathie für den innerhalb der SPÖ gestürzten Innenminister Franz Olah an den Tag legten, mit Transparenten wie „Hände weg von Olah!“ für ihn auf die Straße gingen und in einer Sympathiekundgebung für ihn sogar den Strom abschalteten.
Ohne direkte Parallelen mit den historischen Situationen von damals ziehen zu wollen, muß doch gesagt werden, daß die Ähnlichkeit der Reaktionsmuster nicht von ungefähr kommt und keineswegs zufällig ist
Sie indiziert vielmehr eine Dramatik der Lage, die gar nicht dramatisiert zu werden braucht, um als bedrohlich empfunden zu werden. Es scheint so, daß der Umgang mit Elektrizität auch für elektrisierende Vorgänge sensibilisiert.
Jedenfalls gibt sich die Regierung einer Illusion hin, wenn sie glauben sollte, das Sparpaket ganz einfach „durchziehen“ zu können. Sie gerät dabei in Gefahr, zu übersehen, daß sich in der Bevölkerung ein Unmutspotential anhäuft, das viel eher die Tendenz hat, zu explodieren als wirkungslos zu verpuffen. Cave- ant consoles!
