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Mauthes Tod

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Der Tod des Kulturstadtrates, Kulturkritikers, Erzählers, Fernseh- Und Rundfunkautors Jörg Mauthe hat Erschütterung und Trauer ausgelöst, aber auch Staub aufgewirbelt.

Seit dem 8. Juli 1985 war ihm bekannt, daß er nur mehr sechs Monate leben werde, und er hat sich die Zeit eingeteilt: zur Chemotherapie, die ihm dieses halbe Jahr ermöglichen sollte, zur Abfassung seines Abschiedswerkes „Demnächst oder Der Stein des Sisyphos“, zum ungetrübten Vergnügen an der geliebten Stadt Wien und ihrer Umgebung, zur einzigdastehenden Abschiedsrede im Gemeinderat und zum Diktieren von Briefen, auch an Du-Feinde, die sich für seine Du-Freunde hielten und nun öffentlich gebeten wurden, von seiner Bestattungsfeier jenen Abstand zu nehmen, den er längst von ihnen hatte.

Begreiflich, daß „Demnächst“ im Verlag binnen Tagen vergriffen war. Denn „was mich zur Wahrheit zwingt“, schreibt Mauthe am „9. Juli“ (einen Tag, nachdem das diagnostische Todesurteil gefällt worden war), ist, „daß ich sowas wie eine öffentliche Figur darstelle.“ Daher starb er öffentlich, wie er gelebt hatte, ein gelernter Kunsthistoriker, der zum Beispiel die Verschandelung von Stadt und Land mit kulturpolitischen Argumenten kritisierte und nicht aus politischen Gründen.

Bis zuletzt beschäftigt ihn das berühmte Tizianbild des Herrn Jacopo (im Kunsthistorischen Museum), das schon auf den Fünfjährigen einen prägenden Eindruck machte. Auch für sein Weltbild kämpft er bis zuletzt, und daß er im Bild ist über sein letales Stadium, kann die Perspektive nicht im geringsten verwirren: Mauthe weiß das Schöne vom Häßlichen zu unterscheiden und kämpft bis in die Agonie hinein eigentlich keinen Todeskampf, er kämpft paradigmatisch und ungebrochen gegen alles Häßliche.

DEMNÄCHST. Von Jörg Mauthe. Edition Atelier/Wiener Journal - Herold Verlag, Wien 1986. 231 Seiten, geb., öS 280,-.

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