6924981-1982_07_15.jpg
Digital In Arbeit

Nur Kontrolle statt Vertrauen?

Werbung
Werbung
Werbung

Die Skandale und Affären der letzten Monate haben zu zunehmendem Mißtrauen in der Wirtschaft, auch in kleinen Dingen, und zu dem begreiflichen Wunsch, alles doppelt und dreifach zu kontrollieren, geführt.

Offerte werden nun auch nach erfolgter Auftragsvergabe sorgfältig archiviert (es könnte ja einmal jemand fra-

gen, warum gerade Meyer & Co. den Auftrag bekamen), mündliche Absprachen werden plötzlich schriftlich „der Ordnung halber" nachgetragen.

So mancher kramt jetzt nervös in alten Schriftstük-ken, die er einst ohne sorgfältige Prüfung unterzeichnet hat. Man genierte sich ja förmlich, einem langjährigen, verläßlichen Geschäftspartner gegenüber Mißtrauen zu bekunden, indem man vor ihm vor der endgültigen Vertragsunter Zeichnung noch einmal die Paragraphen durchging, über die man sich in den Tagen zuvor in amikalen Gesprächen ohnehin geeinigt hatte.

Die hastigen Absicherungsaktivitäten werden freilich nicht in allen Fällen vor Überraschungen schützen: Sehr oft liegt die Basis für die latente Bedrohung, der man sich erst jetzt bewußt wird, Jahre zurück und ist rückwirkend nich&mehr sanierbar. Treu und Glauben spielte und spielt im Wirtschaftsleben eine wichtige Rolle, in der Mehrzahl der Fälle ist nicht kriminelle A b-sicht Ursache für die Zeitbombe im Aktenschrank, sondern der in den Phasen des raschen Wirtschaftswachstums meist einvernehmliche Wunsch nach ei-ner möglichst schnellen Ef-fektuierung des Geschäfts.

Sollten die großen Affären der letzten Monate nicht nur zum „Trockenlegen der Sümpfe" (wofür es leider wenig Anzeichen gibt) führen, sondern auch in kleinen Dingen zu dem, was der Volksmund „gesundes Mißtrauen" nennt, ist das zu begrüßen. Falsch wäre es freilich zu glauben, in der Wirtschaft völlig ohne Treu und Glauben auskommen und Vertrauen durch Kontrolle ersetzen zu können.

Abgesehen einmal davon, daß die perfekte Kontrolle wahrscheinlich eine Fiktion ist (siehe die Entwicklungen in totalitären Regimes) und allgegenwärtige Kontrollmechanismen jedenfalls zu erheblichen Effizienzeinbußen führen müssen, kann das auch nicht das Klima sein, in dem Schaffensfreude und Kreativität gedeihen. Wie bei der Gesellschaft ist es auch bei der Wirtschaft, die nur durch rigorose Kontrollen funktioniert, schwer vorstellbar, daß sie noch humane Züge hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung