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Alter Mann, neue Ära

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Noch vor kurzem hätte jeder Arzt dem von Schwächeanfällen gezeichneten Papst die beschwerliche Reise in die vier lateinamerikanischen Länder Guatemala, El Salvador Nikaragua und Venezuela dringend abgeraten. Doch „es mußte sein", wie der beinahe 76jährige Petrus-Nachfolger vor seinem Abflug bekannte. Denn eine von Terror geschundene Region erwartete Johannes Paul II. als Hoffnungsträger für eine neue Ära des Friedens und der Versöhnung.

Seit seiner ersten Reise nach Mexiko und in die Dominikanische Republik im Jänner 1979 hat sich nicht nur das krisengeschüttelte Mittelamerika gewandelt. Auch die Welt insgesamt ist in der Zeit seines Pontifikats eine ganz andere geworden.

Mit dem Zerfall des Kommunismus war das Ende der großen ideologischen Konflikte zwischen extremem Kapitalismus und radikalem Marxismus in Mittelamerika gekommen, dem „Schießplatz der Supermächte", wie der Papst anmerkte. Nikaragua, vor wenigen Jahren neben Kuba noch das „gelobte Land" aller linken Polit-Touristen aus dem fernen Europa, muß heute in der neugewonnenen Freiheit groß teils allein gegen Armut und gesellschaftliche Verelendung zurechtkommen; kein freiwilliger Ernteeinsatz mehr wie in Zeiten der sandinistischen Mangelwirtschaft.

Aber auch der Papst ist nicht mehr derselbe. Aus dem „eiligen Vater" ist längst ein von Schwächeanfällen und körperlichen Gebrechlichkeiten gezeichneter Oberhirte geworden, den so mancher kritische Katholik hierzulande lieber früher als später in Pension schicken möchte. Für die Länder der Dritten Welt hingegen bleibt Johannes Paul II. aber ein Befreiungspapst, ein Hoffnungszeichen auf bessere Zeiten.

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