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Versäumnisse rächen sieh

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Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der kommunistischen Terrorvergangenheit hat in Osteuropa bis dato nicht stattgefunden. Anders als in Deutschland, das nach dem Krieg unter Aufsicht der Sieger entnazifiziert und mit massivster Wirtschaftshilfe sozial saniert und durch starke Anbin-dung an den Westen politisch demokratisiert wurde, gab es für Bußland und seine ehemaligen Satellitenstaaten seitens des Westens nur gute Worte.

Massive Wirtschaftsprogramme blieben aus, die sogenannte Hilfe zur Selbsthilfe half maximal denen, die als kommunistische Politiker oder Fabriksdirektoren ohnehin gut gepolstert saßen. Ein brutaler Kapitalismus ohne soziale Abfederung läßt vier Jahre nach Auflösung der Sowjetunion jetzt in Bußland die Menschen wieder nach dem kommunistischen Bettungsanker greifen.

Die enorme Steigerung der Kommunisten - von 12,35 Prozent 1993 auf jetzt 22 Prozent - sowie eine ungebrochene Anziehungskraft des Chauvinisten Schirinowski, der mit seiner Liberaldemokratischen Partei Zweiter wurde, werden nicht nur das Leben der Begierung Tschernomyrdins erschweren (er wurde mit seinem „Haus Bußland" Dritter), sondern auch die internationalen Beziehungen beeinträchtigen. Mit solchen Leuten soll Bußland den Weg nach Europa beschreiten?

Andererseits - was haben denn wir eigentlich getan, daß Moskau in Strukturen eingebunden wird, die Demokratie und Garantie der Menschenrechte vorsehen? Noch ist Panik nicht angesagt. Aber sollten nach Auszählung aller Stimmen bei den Dumawahlen vom Sonntag Kommunisten und Nationalisten eine Zweidrittelmehrheit erzielen, könnten sie sogar Boris Jelzin gefährden, weil sie ein Amtsenthebungsverfahren einleiten könnten. Es wird nicht wärmer in Bußland.

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