7063967-1991_47_17.jpg
Digital In Arbeit

Original ladinisch auf CD

Werbung
Werbung
Werbung

In Wien wurde kürzlich ein Projekt vorgestellt, das am Romanistischen Institut der Universität Salzburg in Arbeit ist: Der „Sprachatlas des Dolo-mitenladinischen" (ALD). Dieses Idiom mit seinen vielen regionalen Färbungen ist eine Variante des Rätoromanischen, zu dem noch das Grau-bündner-Romanische und das Friau-lische gehören.

Dolomitenladinisch oder Zentral-Rätoromanisch spricht man in fünf Talschaften rund um den Sellastock: Im Grödner- und im Gadertal, im Fassatal, in Buchenstein und Ampez-zo, wobei die drei letzteren im Veneto beziehungsweise Trentino liegen, die erstgenannten aber in Südtirol. Und nur dort genießt dank des Autonomiestatuts diese Minderheit ausreichenden Schutz; besonders im Veneto kann davon leider überhaupt nicht die Rede sein. Auf diesem Hintergrund kommt der Tatsache, daß der „Erste sprechende Sprachatlas" gerade dem Dolomitenladinischen gilt, besondere Bedeutung zu.

Ein Sprachatlas im traditionellen Sinn ist ein Kartenwerk mit einer Reihe immer gleichbleibender Meßpunkte (sprich: Ortschaften). Jede der Karten behandelt einen bestimmten Detailaspekt. „Ein Titel könnte zum Beispiel sein: ,Das Haus'. Auf der betreffenden Karte wird dann eingetragen, wie man im jeweiligen Ortsdialekt dazu sagt", erläutert Roland Bauer, der den ALD gemeinsam mit Projektleiter Hans Goebl erstellt.

Der zweite Teil - zum Lexikon, zur Morphologie und zur Syntax - wird wahrscheinlich im Jahr 2007 fertig. Beim ersten Abschnitt geht's vordringlich um die Phonetik. Über 800 (!) Beispiele zur Aussprache - meist Einzelwörter, multipliziert mit gut 200 Orten - werden behandelt. Und das mit modernster Technologie.

Der „Sprechende Sprachatlas" ist per Computer zu konsumieren. Aus einer Datenbank kann man sich jede beliebige Einzelinformation abrufen. Zum Beispiel: „Wie sagt man für ,das Abendessen' in einer bestimmten Ortschaft des Grödnertals?". Die Antwort erscheint auf dem Bildschirm und ertönt im selben Moment via Lautsprecher. Klingt wie Zauberei und beruht auf den neuesten Speichermedien: Die Disketten heißen in diesem Fall CD-ROM oder auch WORM; beides entspricht in etwa einer Bildplatte. „Die Handhabung des Programms ist kinderleicht. Man kommt mit einer ,Maus' aus."

In der Tat stellt der ALD eine Revolution für die sprachwissenschaftliche Praxis dar. Denn bisher war es international üblich, sich ausschließlich auf die Transkription des Gesprochenen in die schriftliche Aufzeichnung zu stützen, und diese bleibt, sei sie auch noch so genau, doch immer unvollkommen. „Das wird ein gewisses Umdenken in Fachkreisen erfordern", meint Roland Bauer.

Nicht für die Politik Vom ALD gibt's auch eine „Volksausgabe": Eine ganz normale CD, zu der drei gedruckte Karten geliefert werden können. Denn drei besonders markante Beispiele laufen auf diesem Auszug durch 78 Dörfer. Diese CD könnte für Kulturinstitute und Schulen im Sprachgebiet von großem Nutzen sein. Im übrigen versteht sich der ALD ausschließlich als Dokumentation. Die wissenschaftliche Verwertung etwa, festzustellen, wie viele Dialektströmungen es gibt, sei, so Bauer, Sache der Forschung, „kann und soll aber nicht Sache der Politiker sein".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung