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Originell praxisfremd

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Die Entscheidung über die neuen Treibstoffpreise wurde aus dem Advent in den Fasching hinübergerettet. Und dort paßt sie vermutlich auch besser hin: Nichts ist grotesk genug, um nicht als „Argument" ins Spiel gebracht zu werden, wenn es darum geht, das derzeitige „System" zu verteidigen.

So schwärmt Handelsminister Staribacher zum Beispiel schon seit geraumer Zeit davon, zusätzlich zum Dieselpreis auch den Preis für Su-perbenzin freizugeben, den Preis für Normalbenzin aber weiterhin amtlich zu regeln. Die Vertreter der Arbeiterkammer unterstützen ihn dabei - offenbar weil „Super" nach Luxus klingt, und „Normal" nach sozial.

In Wahrheit gibt es aber weder' einen sozialpolitischen noch einen energiepolitischen Bezugspunkt für eine derartige Lösung. Fahrzeuge, die mit Normalbenzin betrieben werden können, sind weder konstruktionsbedingt sparsamer noch billiger in der Anschaffung als Fahrzeuge, deren Motoren nach Super verlangen.

Der Preisvorteil von Normalbenzin geht in der Regel dadurch wieder verloren, daß ein Normalbenzinmotor bei gleicher Leistung mehr Treibstoff verbraucht als ein höher verdichteter Superbenzinmo-tor. Es ist auch keineswegs so, daß in erster Linie die starken und teuren Pkw Super brauchen. Man kann auch sehr hohe Leistungen mit Normalbenzinmotoren erzielen - so kommt beispielsweise die gewiß nicht lahme (und bei Gott nicht bülige) neue Porsche-Generation durchaus mit Normalbenzin aus, wogegen ein Fiat 126 mit 23 PS (Preis: rund 55.000 Schilling) ohne Super nicht in Gang zu bringen ist.

Ähnlich originell praxis-' fremd ist auch der Stariba-chersche Gedankensplitter -denn daß es mehr ist, wollen wir freundlicherweise nicht annehmen -, bei Ofenöl. den Tankstellenabgabepreis für Kleinabnehmer amtlich niedrig zu halten, den Preis für Großabnehmer aber frei zu geben, d. h. „den Marktkräften zu überlassen."

Die Frage, wer dann ein Groß- und wer ein Kleinabnehmer ist, gibt zwar Anlaß zu heiteren Kombinationen (bin ich ein Kleinabnehmer, wenn ich 150 Mal 10 Liter von der Tankstelle hole und ein Großabnehmer, wenn ich mir die 1500 Liter auf einmal liefern lasse?), stellt sich aber nur theoretisch. Selbstverständlich würde es bei einem gespaltenen Preis schon sehr bald kein Ofenöl mehr an der Tankstelle geben. Nicht grundlos gab ein ÖMV-Vorstandsmitglied seinem Parteifreund Staribacher einmal auf die Frage, bei welchem Preis die Mineralölwirtschaft die Versorgung mit Ofenöl garantieren könne, „beim Dieselpreis" zur Antwort.

Irgendwann wird auch Handelsminister Staribacher zur Kenntnis nehmen, daß die „Amtlich Preisgeregelte

Marktwirtschaft" nicht funktioniert. Bis dahin dürfen wir freilich noch auf einige köstliche nationalökonomische Skurrilitäten hoffen.

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