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Progressiver Bischof

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Das langsame Verblassen des Salazarismus in Portugals öffentlichem Leben hat jetzt auch die Kirche erfaßt. Kardinal Cere- jeira, Patriarch von Lissabon und damit seit 42 Jahren Oberhaupt der katholischen Kirche Portugals, sowie engster Freund des verstorbenen Diktators Antonio de Oliveira Salazar, gab seinen Rücktritt in Gegenwart des Staatspräsidenten, Admiral Amėrico Thomas, und vor einer großen Menschenmenge im Nationalheiligtum von Fatima bekannt.

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Das langsame Verblassen des Salazarismus in Portugals öffentlichem Leben hat jetzt auch die Kirche erfaßt. Kardinal Cere- jeira, Patriarch von Lissabon und damit seit 42 Jahren Oberhaupt der katholischen Kirche Portugals, sowie engster Freund des verstorbenen Diktators Antonio de Oliveira Salazar, gab seinen Rücktritt in Gegenwart des Staatspräsidenten, Admiral Amėrico Thomas, und vor einer großen Menschenmenge im Nationalheiligtum von Fatima bekannt.

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Sein vom Papst bestimmter Nachfolger, der erst 42jährige Titular- bischof von Tijilaba und Auxiliar- bischof von Lissabon, Antonio Ri- beiro, ist ‘als gemäßigter Reformist bekannt und genießt große Volkstümlichkeit. Portugals Katholiken sehen in dieser Ernennung einen bedeutenden Schritt zur Erneuerung der bisher als erzkonservativ geltenden portugiesischen Kirche.

Kardinal Cerejeira, Gegner jeglicher Neuerung und deshalb von Portugals jungen Katholiken und der neuen Priestergeneration oftmals kritisiert, hatte seinen Rücktritt bereits 1966 auf Grund des päpstlichen „motu proprio" wegen Erreichung der Altersgrenze eingereicht. Der Papst bat den damals bereits 77jäh- rigen Patriarchen, sein Amt beizubehalten. Nicht, weil er Mgr. Cerejeira für unersetzlich hielt, sondern aus rein politischen Gründen. Die vom Heiligen Stuhl vorgeschlagenen Nachfolger fanden nämlich nicht das Plazet Salazars, dem als Regierungschef nach dem zwischen Portugal und dem Vatikan 1940 geschlossenen Konkordat das Vetorecht bei der Bi-

schofswahl zustand. Sein Favorit war Mgr. Antonio Reis Rodrihuez, Bischof von Mandasuma und einer der konservativsten Kirchenfürsten des Landes. Premier Marcello Ceatäno hingegen, der eine — wenn auch äußerst langsame — Liberalisierung betreibt, hatte nichts gegen die Ernennung eines jungen Progressiven einzuwenden.

Nichtsdestoweniger ist die Ernennung Mgr. Ribeiros für Portugals Katholiken völlig überraschend gekommen. Denn der neue Patriarch, der als „Femsehgeistlicher“ beliebt ist, stand nicht auf der fünf Bischöfe umfassenden Kandidatenliste.

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