Kinder als Virenschleudern: Rennt, so schnell ihr könnt!

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Kolumnistin Brigitte Quint hat festgestellt: (Großstadt)-Familien haben dank Corona plötzlich Platz auf der Straße. Denn die anderen Passanten scheuen Leute mit Kindern wie der Teufel das Weihwasser. Das hat was.

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Kolumnistin Brigitte Quint hat festgestellt: (Großstadt)-Familien haben dank Corona plötzlich Platz auf der Straße. Denn die anderen Passanten scheuen Leute mit Kindern wie der Teufel das Weihwasser. Das hat was.

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Der Spalt in der Gesellschaft ist mir aufgefallen, als ich Mutter geworden bin. Stieg ich mit dem Kinderwagen in die U-Bahn, war es stets ein Kraftakt, mir genug Platz zu verschaffen. Schrie das Baby, während ich im Supermarkt in der Schlange stand, erntete ich genervte Blicke. Auf die Idee, mich vorzulassen, kamen nur die, die selbst ein Kind im Schlepptau hatten.

Als mein Sohn mobil wurde, haben ihn die Leute regelmäßig überrannt, weil sie statt auf den Weg, in ihre Handys gegafft haben. Später mit dem Laufrad wurde es nicht besser. Die Coronakrise hat mein Leben im öffentlichen Raum entschieden verbessert. Weil Kinder als Virenschleudern gelten, machen die Passanten einen weiten Bogen um sie. Mein Sohn und ich haben auf dem Gehsteig so viel Platz wie noch nie. Noch besser ist es, wenn wir nach dem Kindergarten mit anderen Familien den Heimweg antreten. Wer uns kommen sieht, wechselt die Straßenseite – oder drückt sich panisch an eine der Hauswände.

Auch in der Trafik oder in der Bäckerei werden wir dieser Tage privilegiert behandelt. Treten wir ein, fertigt uns die Verkäuferin in null Komma nichts ab. Hauptsache, wir sind schnell wieder weg. Und in der U-Bahn machen so gut wie alle ihre Sitzplätze frei, wenn wir in ihre Richtung steuern. Das hat was. Ungezwungener konnten sich (Stadt-) Kinder noch nie bewegen. Dass diese Wende auch für uns Eltern ein Gewinn ist, ist selbsterklärend.

Deshalb kann man nur hoffen, dass niemand auf die Idee kommt und eine Aufklärungskampagne startet. Slogans wie „Nicht jedes Kind bringt den Tod mit sich“ oder „Überleben trotz Kinder möglich“ will ich auf keiner Plakatwand lesen. Das wäre echt gemein.

Lesen Sie auch die Quint-Essenzen "Panik vor Plastik-Dinos" oder "Ein vorsichtiges Nicken".

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