Corona-Krise und die Panik vor Plastik-Dinos

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Eine ehrliche Antwort auf die Frage "Wie geht es Dir?" würde viele Menschen verwirren - sagen Sozialforscher. Kolumnistin Brigitte Quint wundert sich trotzdem, dass selbst in der Virus-Krise kollektives Jammern verpönnt zu sein scheint.

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Eine ehrliche Antwort auf die Frage "Wie geht es Dir?" würde viele Menschen verwirren - sagen Sozialforscher. Kolumnistin Brigitte Quint wundert sich trotzdem, dass selbst in der Virus-Krise kollektives Jammern verpönnt zu sein scheint.

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Letztens habe ich in die WhatsApp-Gruppe vom Kinderturnen hineingefragt, ob den anderen schon die Decke auf den Kopf falle. Die Eltern verneinten und schrieben, wie wunderbar alles liefe. Endlich hätte man Zeit füreinander, die Bindung zwischen den Geschwistern wäre inniger denn je. Getoppt wurden die Schwärmereien von idyllischen Familienbildern aus dem trauten Heim.

Eine meiner Freundinnen wollte sich bezüglich „Home-Schooling“ Rat von anderen Müttern einholen. Ihr Sohn, er geht in die Volksschule, weigert sich strikt, daheim zu lernen. Der Rundruf hätte frustrierender nicht sein können. Die befragten Mütter hatten erklärt, ihre Sprösslinge würden sich schon in aller Früh unaufgefordert an ihre Schreibtische setzen. Ihre Freizeit nützten sie indes, um Bücher zu lesen oder der Oma Briefe zu schreiben.

Wie geht es dir? How are you? Ça va ? – in vielen Sprachen dient diese Floskel als Gesprächseinstieg. Sozialforscher sagen, dass eine ehrliche Antwort auf diese Frage viele Menschen verwirren würde. Der Gefragte selbst kann sich deshalb nie sicher sein, ob die Offenbarung seines Gemütszustandes erwünscht ist. Experten raten daher jenen, die wissen wollen, wie es dem anderen wirklich geht, dies ganz eindeutig zu signalisieren.

Also nochmal von vorne: „Liebe Kinderturnen-Eltern. Wer von euch ist kurz vorm Durchdrehen? Wem steigen beim Anblick von Legosteinen, Spielzeugautos und Plastik-Dinos auf dem Fußboden Tränen der Verzweiflung und Ohnmacht in die Augen? Wer sehnt sich nach einem Panic Room, um der eigenen Familie zu entkommen?“ Wäre das eindeutig genug? Hundertpro, der Chat verfiele in Schockstarre. Totenstille. Ein Lockdown. In Zeiten wie diesen kann man das echt nicht machen.

Lesen Sie auch die Quint-Essenzen "Ein vorsichtiges Nicken" oder "Was ist jetzt mit Wohlfühl-Walter?".

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