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Rückblick ohne Rücksichten

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„Nacht, Tag und Nacht" flüstert der jüdische Häftling Knoller im polnischen Untersuchungsgericht, und so heißt auch der neue Roman von Andrej Szczypiorski, der das alles durchgemacht hat: KZ in der NS-Zeit, Judenverfolgung in Polen als Reaktion auf den Sechstage-Krieg und späte Rehabilitierung.

Der Roman, passagenweise polemische Abhandlung, zuletzt bitter satirisch, beginnt und endet als Interview, dazwischen 40 Jahre Unheil an unterschiedlichen Beispielen, Menschen und Unmenschen. Deutsche, Russen, Polen und auch Juden als Täter und Opfer, doch schon vor den Opfern sind die Übeltäter „rehabilitiert": Es geht ihnen wieder gut, in Deutschland wie in Polen, und der nunmehrige Professor Hryniewicz wird bei einem noblen Empfang von seinem damaligen Peiniger gelassen angesprochen. Oberst Trojan, in Pension, lebt unangetastet im Ruhestand. Man läßt ihn in Ruhe, nichts ist ihm passiert, doch auch Arens, einst NS-Scherge, bewohnt in Deutschland eine komfortable Villa mit Park. Das Interview schließt: „Widmen Sie diesen Gedanken nicht allzuviel Aufmerksamkeit in Ihrem Bericht. Um die Wahrheit zu sagen: sie sind es nicht wert."

Offenbar, weil sie niemanden interessieren. Immerhin darf man das jetzt auch dort offen sagen: Das Buch konnte gleichzeitig in Polen und Deutschland erscheinen.

NACHT, TAG UND NACHT. Von Andrzej Szczypiorski. Diogenes Verlag, Zürich 1991. 299 Seiten, öS 265,20.

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