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Schawuot — Pfingsten

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Die Zeit der Ernte fällt im Land Israel in den Monat Si-wan (Mai/Juni). Am 6./7. Si-wan feiert man Schawuot, das die Bibel als „Fest der Ernte des ersten Ertrags deiner Aussaat“ (Ex 23,16) versteht. Das Wochenfest (Schawua = Woche; Mehrzahl Schawuot) wird auch Pfingsten genannt. Die verschiedenen Namen rühren daher, daß das Fest genau eine Woche von Wochen (= sieben Wochen) am 50. (griechisch: Pentekoste = fünfzigster [Tag] = Pfingsten) Tag nach Pesach gefeiert wird.

Die zwischen dem zweiten Tag von Ostern und Schawuot hegenden Tage werden bei der sogenannten Omer-Zählung liturgisch gezählt. Der Name kommt daher, daß am zweiten Tag von Pesach, an dem die Zählung begann, am Tempel eine Garbe (= Omer) als Opfergabe dargebracht wurde. Die 49 folgenden Tage bis Pfingsten werden jeweils nach dem Abendgebet mit einer liturgischen Formel besonders gezählt: „Das ist der achte Tag, also eine Woche und ein Tag von Omer“, und so weiter.

Schawuot ist nach Pesach das zweite Wallfahrtsfest. In der Zeit vor der Zerstörung des Tempels wurde im Heiligtum zu Jerusalem an die-

sem Fest ein Brotopfer dargebracht: „Bringt als Erstlingsgaben für den Herrn aus euren Wohnsitzen zwei Brote dar...“ (Lev 23,17). Ähnlich wie das Laubhüttenfest und Pesach entstand auch Schawuot aus einem agrarischen Fest, das erst sekundär mit heüsgeschichtlichen Ereignissen verbunden wurde. Erst seit dem zweiten Jahrhundert nach Christus ist im Talmud belegt (Pes 68b), daß dieses Fest als ein Gedächtnis der Ubergabe der Tora am Berg Sinai an das Volk Israel begangen wird.

In der Synagoge, die zu diesem Anlaß oft mit grünen Zweigen geschmückt ist, wird das biblische Buch Ruth gelesen, dessen Inhalt den Charakter von Schawuot als Erntefest unterstreicht. An die Offenbarung am Sinai aber erinnert der Umstand, daß nur beim Morgengottesdienst dieses Festes vor dem „Höre Israel“ der Text der Zehn Gebote eingefügt wird. Aus diesem Fest-verständnis heraus besteht auch der Brauch, sich die ganze Nacht über in der Synagoge oder im Lehrhaus dem vertiefenden Studium der heiligen Lehre zu widmen.

Letzter Teil einer Serie über Jüdische Feste. Bisherige Beiträge erschienen in den FURCHE-Ausgaben 38 bis 42 und 51/52 aus 1987 sowie 9 und 13 aus 1988.

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