Schawuot und Pfingsten

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Vergangenen Sonntag feierten Juden Schawuot, das Wochenfest. Es wird oft als "jüdisches Pfingsten" beschrieben. Die Verbindung steckt zunächst im Datum innerhalb des Jahreskreises. Der Name Pfingsten stammt vom griechischen Zahlwort "Pentekoste": 50. Wie Pfingsten 50 Tage nach Ostern, findet Schawuot 50 Tage oder sieben Wochen nach Pesach statt. Es erinnert an den Empfang der Tora am Sinai, war aber ursprünglich ein Erntefest.

Hinter der Analogie zwischen Schawuot und Pfingsten steckt oft der Versuch, etwas Fremdes verständlich zu machen und Verbindungen zu betonen. Laut Neuem Testament starb Jesus kurz vor Pesach. Der christlichen Tradition zufolge erschien der Heilige Geist den Jüngern Jesu daher zu Schawuot. Diese Zusammenhänge zu betonen, ist wichtig und hilfreich. Kann man etwas dagegen haben? Nur dann, wenn die Betonung der Gemeinsamkeiten, in diesem Fall durch die christliche Mehrheit, einer anderen Religion ihre Begriffe und Sichtweisen aufdrückt.

Trotz der Verbindungen sollte man darum auch die Unterschiede respektieren. Dies gilt vor allem für das Christentum, das sich als Erfüllung des Judentums versteht, sodass das Alte Testament zur bloßen Vorgeschichte des neuen Bundes wird. Aus neuem Respekt für das Judentum wird dieser "Substitutionstheologie" heute oft die Vorstellung zur Seite gestellt, dass Juden wie Christen "Kinder Abrahams" seien, im Dialog verbunden. Doch für einen Dialog müssen sich die Geschwister unterscheiden. Wenn der Dialog einen offenen Ausgang haben soll, darf er nicht um jeden Preis auf Einigkeit zielen, sondern muss Widerspruch zulassen. Dazu müssen beide Seiten bereit sein.

Übrigens lohnt es sich bestimmt auch zu fragen, wie treffend es ist, den Ramadan, der vergangene Woche begann, "muslimische Fastenzeit" zu nennen.

Der Autor ist Wissenschafter am Institut für Jüdische Theologie der Universität Potsdam

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