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Schönheit in Marmor

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Derzeit ist in Venedig die vielleicht umfangreichste und vollständigste Übersicht des künstlerischen Schaffens von Antonio Canova (1757 bis 1822) zu sehen, die jemals dem Publikum geboten wurde. Bis 30. September sind im „Museo Corref" 130 Werke dieses Meisters der Neuklassik zu bewundem, die aus den größten Museen Europas stammen. Unter den 37 der schönsten Marmorskulpturen befinden sich auch elf Werke aus der Eremitage, die zum ersten Mal St. Petersburg verlassen haben, nachdem sie Ende des 18. und in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nach Rußland gelangt waren.

Zum Teil waren sie von Zar Alexander I. nach demTode von Josephine Beauhamais erstanden worden, die eine passionierte Bewunderin des Künstlers war und Werke wie „Die Tänzerin", die wunderschöne „Hebe" oder die berühmte Gruppe „Amor und Psyche" in Malmaison gesammelt hatte. Zum Teil wurden die Werke auch von dem Kunstsammler Fürst Nicolai Jusupov direkt bei Canova bestellt. Canovas weltliche und mythische Auffassung vom Schönen war nämlich völlig verschieden von der theologischen und theokratischen Auffassung der byzantinischen Tradition. Und für Rußland war damals jede engere Fühlungnahme mit Europa wichtig. In einem einzigen Raum sind als schneeweiße Marmorstatuen in Naturgröße versammelt: „Amor und Psyche" aus Paris, „Adonis und Venus" aus Genf und eine „Venus" aus München. „Die Boxer" kamen aus dem Vatikan; „Amor und Psyche stehend" sowie die weltberühmten „Grazien" aus St. Petersburg, eine „Büßende Magdalena" aus Genua, eine „Venus" aus Florenz.

Um die künstlerische Laufbahn Canovas besser verstehen zu können, werden in der Galleria Giorgio Fran-chetti in der Ca d' Oro auch 60 Terrakottafiguren von berühmten Bildhauern des römischen Barock präsentiert, von Gian Lorenzo Bemini, Alessan-dro Algardi und Stefano Maderno, die zurvenezianischenFarsetti-Sammlung gehören und ebenfalls aus Rußland zur Verfügung gestellt wurde. Der junge Canova hatte bei dieser Mäze-natenfamilie am Canal Grande Aufnahme gefunden und bildete sich anhand dieser berühmten Modelle, die für ihn ausschlaggebend wurden. Der letzte Erbe der Familie Farsetti flüchtete 1799 nach Rußland, um seinen Gläubigem zu entgehen und überließ seine reiche Kunstsammlung dem Zaren Paul L gegen eine Leibrente. Er starb unter geheimnisvollen Umständen. Canova ging nach Rom, wo er in seinem heute noch existierenden Studio neben dem Mausoleum des Augu-stus zwischen 1812 und 1816 eines seiner Meisterwerke schuf, die „Drei Grazien".

„Der Klassizismus Canovas ist sicher nicht ein schulmäßiger", meint der Kunsthistoriker Giulio Carlo Ar-gan, Mitglied des wissenschaftlichen Komitees für die Ausstellung. „Canova verstand, daß die zwei großen Themen, die zueinander in Beziehung traten, Eros und Thanatos waren. Mit der Gruppe „Amor und Psyche" hat er die wohl vollkommenste Definition des Eros gegeben, die je in der modernen Welt gemacht wurde. Thanatos hat er in vielen Werken dargestellt, wobei das erhabenste und schönste wohl das Grabmal der Maria Christina in der Augustinerkirche in Wien ist."

Ein wichtiger Teil der Veranstaltung ist auch die „Gipsoteca" in Pos-sagno, der Geburtsstadt Canovas, in der Gipsabdrücke seiner Werke gesammelt sind. (Vormerkung von Tag und Zeit des Besuches bei Box Office Italia .Antonio Canova" via Verdi 34 b, 1-30171 Mestre VE, Telefon 04 041 940 200.)

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