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Schüler, Meister?

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Das erste und das letzte Schreiben in diesem „Briefwechsel 1928-1962“ zwischen Heimito von Doderer und Albert Paris Gütersloh stammt vom Letztgenannten. Die Korrespondenz ist darum besonders interessant, weil doch — von Doderer die längste Zeit betont — ein Lehrer/Schüler-Verhältnis zu dem um zehn Jahre älteren Maler und Schriftsteller Gütersloh bestand.

Mit „18. Okt. 62“ datiert, kündigt Gütersloh das lange in Arbeit gestandene Hauptwerk „Sonne und Mond“ an und versichert dem Freund, es ihm sofort „nebst ergebenster Widmung“ zukommen zu lassen. Kein Dank, keine Antwort. Denn Doderer mußte sich in der Figur des Ario-vist von Wissendrum (noch dazu als „Bogenschütze“ verdeutlicht) erkennen, und zwar als Karikatur.

Der Band ist aufschlußreich, nicht nur einzelner Briefe wegen, in denen die Theorie des Erzählens, aber auch die extrem elitäre Weltanschauung der Korrespondenzpartner zur Sprache kommt, sondern auch weil Einleitung und Anhang (zusammen fast die Hälfte des Buches) sachlich-kritisch Persönlichkeit und Charakter der zwei so lange unterschätzten Künstler in aller Breite analysieren. Auch die kurze NS-In-fektion wird diagnostiziert: Doderer war eine Zeitlang Parteimitglied, Gütersloh bloß Sympathisant, doch später als „entarteter Künstler“ mit Berufsverbot belegt. Wie gesagt: außerordentlich aufschlußreich.

BRIEFWECHSEL 1928-1962. Von Heimito von Doderer und Albert Paris Gütersloh. Biederstein Verlag, München 1986. 315 Seiten, Ln., öS 452,40.

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