In den letzten Jahren hat sich in unseren Breiten eine Krankheit ausgebildet, die die Medizin mit dem Fachterminus Weihnachtsshoppingnose bezeichnet, im Volksmund auch als Kling, Glöckchen, klingelingeling-Krankheit bekannt.
Diese Krankheit tritt epidemisch in der Zeit von Mitte November bis Mitte Dezember auf. Dabei ist der Höhepunkt um den achten Dezember anzusetzen.
Nachher klingt sie langsam ab und erlischt am 24. Dezember nach Geschäftsschluß schlagartig. Die Symptome dieser Krankheit sind vermehrtes Aufsuchen von Geschäften, wobei Buchhandlungen, Geschenksbou-tiken und Parfümerien den Vorzug genießen. Weiters zeigt sich diese Krankheit im chronischen Mangel von Parkplätzen, im Schrumpfen des Kontostandes und in einem manischen Zwang, Gekauftes in buntem Papier zu verstecken. Obwohl die gekauften Sachen keineswegs einer Stütze bedürfen, werden sie mit glänzenden Bändern zusammengeschnürt, als ob sie im nächsten Augenblick auseinanderfielen.
All das deutet auf zwanghaftes Verhalten hin, das für diese Krankheit typisch scheint. Manche dieser verpackten und verschnürten Dinge werden dann so ausgeklügelt versteckt, daß sie oft der Verstecker selber nicht mehr findet. Was das alles zu bedeuten hat, darüber ist sich die Medizin noch nicht klar geworden. Eines kann jedenfalls bisher als gesichert angesehen werden: Je mehr der Kontostand sinkt, desto mehr klingt die Krankheit ab. Schneefälle, Weihnachtslieder und Weihnachtspunsch hingegen sind der Krankheit förderlich. Sonderbarerweise werden jedes Jahr mehr Menschen von dieser Krankheit befallen.
Von medizinischer Seite her hat man schon die Sperre der einschlägigen Geschäfte erwogen, was aber der Handel entschieden zurückwies. Appelle und moralische Belehrungen haben bisher keine Heilungserfolge gezeigt.
Die letzte Hoffnung der Mediziner sind noch sogenannte therapeutische Veranstaltungen, die der Volksmund Adventsingen nennt. Davon erhorft sich die Medizin halbwegs Heilungschancen, auch wenn letztlich nur die operative Entfernung der Weihnachtsshoppingnose via Einfrieren des Weihnachtsbudgets eine endgültige Heilung verspricht.
