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Sprachandenken

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Das vordergründig einfachste, zugleich jedoch wesentlichste und komplizierteste Phänomen menschlichen Daseins ist die Sprache. Sie und nur sie macht das Menschentum aus. Friedrich Hölderlin und Stefan George, Ludwig Wittgenstein und Martin Heidegger haben als Dichter und Philosophen inständig darüber nachgedacht. Und es war gerade Friedrich Hölderlin, der einen dichterischen Auftakt des Nachdenkens über die Sprache setzte, der immer noch gültig ist.

Wenn Schreibende sich mit ihrem Tun bewußt auseinandersetzen, gelingt manchmal eine Lichtung der Existenz. Octavio Paz, der große spanische Autor und Nobelpreisträger, hat nun einen essayistischen Versuch unternommen, dem „dichterischen Geschäft" analytische und vor allem grundlegende kulturhistorische Überlegungen voranzustellen. Daß Sprache nicht ausschließlich Kommunikation ist, die noch dazu rein ethnozentristisch zu betrachten wäre, ist ein wichtiges Ergebnis dieser Reflexionen. ,Jede Sprache ist eine Deutung des Universums, ein Prisma, durch das wir das nichtsprachliche Universum wahrnehmen." Und:,,Für Herder war Sprache weniger ein Zeichensystem als vielmehr eine historische Physiognomie, womit er sagen wollte, daß jede Sprache ein Schicksal ist, eine Art und Weise, nicht zu sprechen, sondern zu sein."

Octavio Paz erfüllt voll und ganz seinen poetischen Auftrag: Sein Essay ist tiefschürfend und kommt förmlich einem dringenden Appell nahe, nämlich Sprache wiederum sein zu lassen, eben weil sie als Sinnstiftung des Seienden zu erfahren ist.

LEKTÜRE UND KONTEMPLATION. Von Octavio Paz. Aus dem Spanischen von Thomas Brovot. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1991.70 Seiten, öS 131,-.

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