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Wie stark ist der Bundeskanzle ?

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Politik und Verfassung stehen immer in einem wechselseitigen Spannungsverhältnis. Der folgende Beitrag von Dr. Manfried Welan untersucht die Auswirkungen des Wechsels im österreichischen Regierungssystem auf die Stellung des Bundeskanzlers in der Bundesverfassung.

In der parlamentarischen Demokratie verkörpert in der Regel der an der Regierungsspitze Stehende die Einheit und Führung der Regierung. Der Regierungschef ist die rechtlich und politisch bedeutsamste Gestalt. Er regiert, das heißt er bestimmt die politischen Grundentscheidungen in Kabinett und Parlament.

Es drängt sich die Frage auf, ob das österreichische Verfassungsrecht den Bundeskanzler zum Regierungschef in diesem Sinn macht, oder ob die Stellung des Kanzlers als Regierungschef nur in der Verfassungsrealität besteht oder bestehen kann.

Die historische Betrachtungsweise rückt die Gestalt des Kanzlers ins rechte Licht: Nach der Oktoberverfassung 1918 war der von der Provisorischen Nationalversammlung bestellte Staatsrat mit der Regierungsund Vollzugsgewalt betraut. Er verband Funktionen des Staatsoberhauptes mit solchen der Regierung. Er führte jedoch die Verwaltungsgeschäfte nicht unmittelbar, sondern mittelbar durch von ihm bestellte „Beauftragte“ (Staatssekretäre), die in ihrer Gesamtheit die Staatsregierung unter dem Vorsitz eines vom Staatsrat betrauten Staatssekretärs bildeten. Der Staatsrat bestellte aus seiner Mitte den „Leiter seiner Kanzlei“, der die Protokolle des Staatsrates führte, seine Ausfertigungen mitzeichnete und mit den drei Präsidenten der Nationalversammlung und dem Notar des Staatsrates das geschäftsführende Staatsratsdirektorium bildete.

Der Staatskanzler

Die Verfassungsnovelle vom Dezember 1918 machte aus dem-Lei- ter der Kanzlei den „Staatskanzler“.

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