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Ulysses in Prag

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Ein Prager Verlag, der sonst immer auf der „richtigen Parteilinie“ liegt, hat James Joyces „Ulysses“ in einer neu bearbeiteten Ubersetzung herausgegeben. Joyce in Prag zu druk-ken ist schon eine wahre Heldentat, denn dieser Autor gilt da seit 1948 als der dekadente Zerstörer der literarischen Formen, der Sprache und der Gedanken.

Aber man wollte sich wohl in Prag jetzt ein wenig liberal zeigen; James Joyce ist seit 1941 tot, hat sich also zum realen Sozialismus nicht äußern können, was man dem großen Erzähler als einen Pluspunkt anerkannte. Sein „Ulysses“ kam also in die staatlichen Buchläden.

Aber leider kann ihn nicht jeder kaufen und lesen. Denn James Joyces „Ulysses“ wird nur an Kunden verkauft, die im Buchladen eine von der zuständigen Parteistelle ausgestellte Bestätigung vorweisen, daß ihnen zu „Studienzwek-ken“ ein Stück Ulysses verkauft werden darf.

Ich bin davon überzeugt, daß nicht einmal ein Franz Kafka mit dieser zeitgenössischen Geschichte aus Prag etwas anzufangen wüßte, und auch dem braven Soldaten Schwejk und seinem Autor Jaroslav Hasefc das Lachen vergehen würde.

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