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Verregneter „Lumpazi“ in Melk

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Die ausgezeichnete Produktion der „Melker Sommerspiele“, die heuer Nestroys „Lumpazivagabundus“ gilt, fiel bei der Premiere in ihrem letzten Drittel leider der Unbill des nach wie vor unerfreulichen „Sommer“-wetters zum Opfer.

Nachdem viel drohendes Gewölk des nachmittags auf- und wieder abgezogen war, senkte sich ein milder Abend auf den Stiftsgarten: die Premiere vor der immer wieder bezaubernden Fassade des Gartenpavillons konnte anstandslos beginnen. Der Feenkönig Stellaris (Peter Gerhard), in der Maske eines leicht vertrottelten k. k. Generals abwechselnd Kaiser Ferdinand (den Gütigen) und Kaiser Franz Joseph zitierend, schloß mit der pummeligen Fortuna (Erne Seder) seinen Pakt, der böse Geist Lumpazivagabundus, höchst attraktiv als Biedermeiermephisto ausstaffiert (Hellmuth Hron), ver-

folgte sein schlimmes Ziel, das „liederliche Kleeblatt“ zu verderben. Ein Prachtkleeblatt, diese drei vazie-renden Handwerksburschen, vor allem der Knieriem des Franz Muxeneder, stets voll des Durstes nach Händeln und „Gemischtem“. Doch auch Karl Dobravskys braver Leim und Herbert Kuceras windiger Schneidergesell und Mini-„Don Schuan“ blieben neben ihm keineswegs Staffage. Dazu eine Fülle weiterer köstlicher Typen, angeführt von Richard Eybners Tischlermeister Hobelmann, dem man allerdings ein etwas knusprigeres Töchterl gewünscht hätte, als Anna Tardi darstellte (und dem Leim auch).

Regisseur Peter Janisch führte seine Truppe schwungvoll und humorig, ohne Klamauk aufkommen zu lassen, und Franz Muxeneder setzte mit seinem „Lied“ von Eduard und Kunigunde“ einen er-

sten Höhepunkt. Man sah begierig seinem Weltuntergangscouplet entgegen.

Die Welt ging zwar nicht unter, aber eine Wolke ging über, die sich ganz gemein und unbemerkt, sozusagen aus dem Hinterhalt, angeschlichen hatte. Sie ergoß sich mitten in das „Palais Zwirn“ in Prag, wo der durch den Lotteriegewinn reich gewordene Schneidergeselle sein üppiges Leben führte. Also: Unterbrechung. Das Publikum flüchtete in die (viel zu enge) Sala terrena des Pavillons und beobachtete hoffnungsvoll die Entwicklung der Witterung.

Die Wolke kannte aber leider kein Erbarmen — Weltuntergangscouplet und Quodlibet (Helli Servi hätte die Signora Palpiti darstellen sollen), alles fiel ins Wasser.

Künftigen Melk-Besuchern sei ein kompletter „Lumpazi“ gewünscht, obwohl er auch in. der (erzwunsengni. \-erkÜ!3*%S^sung--durchaus <g* gnüglich war.

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