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VersunkeneGlocke

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„Lebend bringt ilir mich nicht aus dem Wiesenstein" antwortete der Icranlce Gerhart Hauptmann, als man ihm 1946 vorschlug, seinen Sitz in Agneten-dorf im Riesengebirge aufzuge-.ben und nach Berlin zu übersiedeln.

Und Hauptmann hat recht behalten. Vor 35 Jahren, am 6. Juni 1946, verschied er in Agne-tendorf. Die Verdrängung des Deutschtums war ja bereits längst im vollen Gang. 1000 Jahre geschichtlicher Entwicklung wurden liquidiert, der Leichnam des letzten schlesischen Dichters auf Rügen überführt.

Ein symbolischer Lebenslauf vom Anfang bis zum Ende. Von dem Sorgenkind der Familie, dem schlechten Schüler in Breslau, dem literarischen Betreuungsfall des genialen Lektors Oskar Loerke, dem es beim Fischer-Verlag zufiel. Hunderte sprachliche Unebenheiten in den immer frei hingesprochenen und diktierten Werken Gerhart Hauptmanns auszufeilen, dem Bühnenautor, hinter dessen ungeheurem Erfolg die weniger Erfolgreichen - und nicht nur aus Mißgunst-einegroße Unzulänglichkeit witterten, bis zu jener Persönlichkeit, die alle ausnahmslos in ihren Bann schlug.

Denn weder die 45 Dramen, unter denen etwa „Die versunkene Glocke" 103 Auflagen erlebt hat, noch das Terzinenepos „Der große Traum", das vielleicht nur einige wenige Menschen aus- und durchgelesen haben, könnten das geistige „Ur-wort" mitteilen, das in seinem Leben selber Ereignis wurde, als. Trieb und als Gebärde, als geistige Leidenschaft, die es vermöchte, große Gegensätze mit vielfältiger Kraft zu umspannen.

Fontanes Wort über Gerhart Hauptmann „Die Erfüllung Ibsens" ist ein Fehlurteil. Denn konnte es Gerhart Hauptmann, diese offene Existenz, jemals auf Erfüllung in einem endgültigen Werk angelegt haben?

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