Perel - © Foto: APA / dpa / Marijan Murat

Zum Tod von Sally Perel: „Ich war Hitlerjunge Salomon“

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Sally Perel überlebte die Naziherrschaft getarnt als volksdeutscher Hitlerjunge. Seine Geschichte ging unter dem Titel „Ich war Hitlerjunge Salomon“ um die Welt.

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Sally Perel überlebte die Naziherrschaft getarnt als volksdeutscher Hitlerjunge. Seine Geschichte ging unter dem Titel „Ich war Hitlerjunge Salomon“ um die Welt.

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In seinen ersten 16 Lebensjahren war Salomon Perel der „Jude Sally“. Von 1941 bis Kriegsende diente er getarnt als Hitlerjunge Josef „Jupp“ Perjell bei der Hitlerjugend. Geboren 1925 in Niedersachsen, flüchtete Perel in den 30er Jahren mit seiner Familie nach Łódź in Polen. Als die Eltern zu schwach für die Flucht wurden, schickten sie Sally und seinen älteren Bruder allein weiter: „Vergiss nie, dass du Jude bist“, mahnte der Vater. „Geh! Du sollst leben“, verabschiedete sich seine Mutter von ihm.

Mit 16 Jahren wurde Sally Perel gemeinsam mit tausenden Juden nahe Minsk von der deutschen Wehrmacht gefangengenommen. Die Gefangenen standen in einer Schlange, Juden wurden aussortiert, aus dem Wald hörte man Schüsse, erzählt Perel später. Als er an die Reihe kam, antwortete er auf die Frage, ob er Jude sei: „Ich bin doch kein Jude, ich bin Volksdeutscher.“ Der Offizier glaubte ihm – wie durch ein Wunder musste Perel im Gegensatz zu den anderen nicht die Hose hinunterlassen, um die Unbeschnittenheit zu beweisen. Er tarnte sich als der volksdeutsche Hitlerjunge Jupp und verbrachte die letzten vier Kriegsjahre als Russisch-Übersetzer nahe der Front, in einer HJ-Schule und als Soldat des Volkssturms. Die Mahnung des Vaters musste er vergessen, der Aufforderung der Mutter konnte er folgen.

„Die Juden waren Opfer und die Deutschen Täter, ich war beides.“ So fasste Perel später seine Zwiegespaltenheit zusammen. Diese Ambivalenz durchzog sein ganzes Leben – noch 2015 berichtete Perel im FURCHE-Interview: „Ich bin weiter in einem Doppelleben.“ In der Rolle des „Jupp“ weinte er mit seinen HJ-Kameraden, als die Deutschen in Stalingrad kapitulierten, „ich habe mich total mit dieser Ideologie identifiziert“, gab Perel zu. Als Jude habe er sich wiedererkannt, „als ich den ersten Juden getroffen habe, der in Auschwitz war“.

Erst vierzig Jahre nach Kriegsende schrieb Perel, seine Geschichte nieder. 1992 erschien „Ich war Hitlerjunge Salomon“ auf Deutsch, schon 1990 verfilmte Agnieszka Holland die Geschichte unter dem Titel „Hitlerjunge Salomon“. Perel verbrachte die folgenden 30 Jahre mit Vorträgen und Lesungen, in denen er einmahnte: „Auschwitz darf nicht vergessen werden.“ Am 2. Februar verstarb Sally/Jupp mit 97 Jahren in Israel.

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