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Öffentliche Beleidigungen

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lnterl(ulturelles Gespräch über die Grenzen der Freiheit der Kunst in der Gesellschaft für Literatur.

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lnterl(ulturelles Gespräch über die Grenzen der Freiheit der Kunst in der Gesellschaft für Literatur.

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N'ach drei emotionsgeladenen Stunden waren sich beim Round-Table-Ge-spräch zum Thema „Steht die Freiheit der Kunst über den reh-giösen Gefühlen?" in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur letztlich doch alle (noch) Anwesenden einig, daß es Grenzen der künstlerische Freiheit geben muß. Davor ging es zwischen den eingeladenen Diskutanten Smail Balic (Herausgeber der Zeitschrift „Islam"), Walter Dostal (Vorstand des Instituts für Völkerkunde), Mohammad Keia-rishi (Leiter der Nachrichtenagentur IRNA) und Adolf HoU (Pubhzist) und auch im Pubh-kum sehr kontrovers zu.

Geplant war, das Thema ausgehend vom exemplarischen Fall Salman Rushdie zu diskutieren. Über weite Strecken vrarde daraus ein Streit um das von Khomeini über den Schriftsteller verhängte Todesurteil, der in eine kulturvergleichende Debatte zwischen Orient und Okzident mündete. Diese machte deutlich, daß ein Gespräch auf völkerrechtlicher, auf juristischer, aber auch auf historischer Ebene zu nichts führt. Zweifellos ist es wichtig, über historische Zusammenhänge Bescheid zu wissen, die Geschichte aber als Argument für die eigene Sache zu verwenden, erzeugt nur Haß.

Einig waren sich die Moslems darin, daß Salman Rushdie sie mit seinen „Satanischen Versen" zutiefst beleidigt hat. Keine Übereinstimmung gab es allerdings in der Frage, wo das Todesurteil gegen ihn Gültigkeit hat. Sie sehen es jedenfalls nicht als Zeichen von Toleranz, die Fundamente ihres Lebens, also den Propheten und den Koran, verunghmpfen zu lassen, sondern als Dekadenz. Für Moslems ist es nicht nur schändlich, Mohammed, sondern etwa auch Jesus Christus herabzusetzen, wie dies in imserer Kultur möglich ist.

Es ging also um die verschiedenen Wertmaßstäbe, um das, was eine Kultur als schützenswert betrachtet. Im Westen gehören, vielleicht als Reaktion auf die jahrhundertelange Machtausübung, die christhchen Religionen nicht mehr dazu, was für Moslems unverständlich ist.

Der anstrengende Abend regte einerseits sehr zum Nachdenken über die amerikanisch-evu-opä-ische Kultur und ihre geistigen Moden an, und zeigte andererseits die Notwendigkeit der Fortführung des interkulturellen Gesprächs, weil, wie Adolf Holl meinte, „das Verständnis für den rehgiösen Ernst nicht aussterben" sollte.

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