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Wenn dieses bedeutende Werk des bekannten Germanisten heute in zweiter, erweiterter Auflage vorliegt, so kann das mit Aufmerksamkeit registriert werden. Denn Josef Nadler ist ein Sohn der alten Monarchie (er wurde 1882 in Neu-dörfl/Böhmen geboren); er war durch lange Jahre Ordinarius für Neuw Deutsche Sprache und Literatur an der Wiener Universität, und er hat auch noch heute seinen Wohnsitz in Wien.

Die „Geschichte der Deutschen Literatur“ darf nicht mit dem vierbändigen Werk des gleichen Verfassers verwechselt werden. Sie war vielmehr bereits vor dessen Vollendung geplant, wurde nach 1945 begonnen und kam als durchaus eigenständiges Werk erstmals 1950 heraus. Zu Beginn des Bandes stellt der Verfasser in einem geistvollen Essay, „Vorschule“, die Theorie der Erkenntnis in der Literaturwissenschaft dar. Begriffliche, historische und soziologische Erkenntnisstufe sind der Dreischritt, der zur Erkenntnis führt und dadurch gestattet, die Frage nach Existenz oder Nichtexistenz der

Literaturwissenschaft zu beantworten. Aus dieser Erkenntnistheorie ergibt sich auch die Natur der Literaturwissenschaft: das Werk, nicht der Dichter ist ihr Gegenstand. Erst aus dem Werk kann der Dichter erschlossen werden, aus der Literatur das Volk. Der zweite Teil des Vorwortes bringt einen Abriß über da« Werden der deutschen Stämme. Denn auch das vorliegende Werk beruht auf der stammhaften Gliederung von Volk und Literatur. Entsprechend diesen Grundsätzen gliedert sich die „Geschichte der Deutschen Literatur“ nach Perioden der Sprach- beziehungsweise Literaturentwicklung und innerhalb dieser Abschnitte nach Sprachlandschaften.

Was aber das Werk über Dutzende anderer Literaturgeschichten heraushebt, ist die meisterhafte Darstellung. Hier wird mehr geboten als bloß deskriptive Wissenschaft, und vielleicht ist dies gerade heute, da viele Literaturgeschichten sich mit Beschreibung von Tatsachen und ihren chronologischen Abläufen begnügen, von größerer Bedeutung denn je.

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