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Laue Stimmung im Info-Zelt

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Neben dem Burgtheater hat x die Wiener SPÖ ihr Kampa--L i gnen-Zelt aufgeschlagen und harrt der informationsdurstigen Wiener. Sie tut dies freilich in gut organisierter Form durch Einladungen an spezielle Zielgruppen. Diesmal sind die teilweise noch recht jungen Pensionisten der Gemeinde Wien an der Reihe. Zahlreich sind sie gekommen, um sich zu informieren - oder vielleicht doch nur, um Kaffee zu trinken, Bekannte zu treffen oder Stargast Horst Chmela zu hören? Egal. Wer wegen der Info im Info-Zelt sitzt, ist mit einem Prospekt ohnehin besser dran.

Gleich zu Beginn verspricht Moderator Michael Schrenk einen vergnüglichen Nachmittag, zu dem der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl „nur kurz zwei Worte über die EU” sagen möchte. Dieser greift ob der Komplexität des Themas tatsächlich nur die zwei seniorengerechten Pro-Argumente Arbeitsplätze und gemeinsame Sicherheit auf. Der Satz: „Wir wollen nie wieder Krieg und deshalb sind wir für die EU” sorgt für Beifall und erübrigt fürs erste jede Diskussion. Aber der Moderator besteht darauf, daß alle Fragen stellen, und am Podium alle Fragen beantwortet werden. Nur: Die SPÖ-Stadtpolitiker am Podium wollen nicht informieren, sondern überzeugen. Sie profilieren sich als Klassensprecher, nicht als Fragenbeantworter.

SP-Gemeinderat Otto Hirsch schießt sich auf die „dummen EU-Gegner” ein. Böse Propaganda werde da betrieben, sogar im Fernsehen dürfe dieser Mist ausgeschüttet werden. „Aber” - so der Gewerkschafter mit erhobenem Zeigefinger — „wir Wiener gehen diesem Unfug nicht auf den Leim”. Das Publikum taut auf, übers Fernsehen reden alle gerne: In Schiejoks Europaforum seien die Gegner viel öfter zu Wort gekommen, hat eine Dame beobachtet. „Man muß den ORF zur Ausgewogenheit zwingen”, fordert sie energisch in Richtung Moderator. Dieser gerät in Zugzwang, verspricht mit Kollegen Schiejok zu reden und bittet die Herrschaften, doch lieber EU-Fragen zu stellen.

Aber alle gängigen Fragen und Antworten scheinen bekannt, und die Themen Rauschgift oder Kriminalität „haben doch mit der EU nix zu tun, gnädige Frau” (Schrenk). Langsam lichten sich die Reihen, auf einem Tisch werden Urlaubsfotos herumgereicht, ein Herr mit Hut vertieft sich in seine Zeitung.

„Aber wie ist des mit de EU-Kosten?” begehrt schließlich doch noch jemand Auskunft vom Podium und erhält von Hirsch auch eii^e ehrliche EU-Info: „De Zahlen stimmen ja vurn und hintn ned.”

Schnell beendet der Moderator die Info-Runde. Horst Chmela kommt und singt. Er hat Fans mitgebracht, die im Zelt für Stimmung sorgen an diesem vergnüglichen EU-Nachmittag.

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