"Einmal muss ein Schnitt gemacht werden"

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Franz Fiedler, scheidender Rechnungshofpräsident, über die Qualifikationen des idealen Nachfolgers und die Positionierung des wichtigsten Kontrollorgans der Republik.

Die Furche: Was muss der ideale Präsident, die ideale Präsidentin des Rechnungshofes (RH) können?

Franz Fiedler: Abgesehen von der Fachkompetenz, die ich bei allen zuletzt genannten Kandidaten voraussetze, braucht es ein großes Maß an Objektivität - das ist die Conditio sine qua non. Und er sollte auch eine gewisse politische Erfahrung mitbringen - das bedeutet nicht, dass er Politiker gewesen sein muss, wohlgemerkt, sondern dass er schon irgendwo einmal in ein politisches Umfeld eingebettet war und gelernt hat, wie in der Politik umgegangen wird.

Die Furche: Braucht es dieses Gespür, weil man aus RH-Berichten politisches Kapital zu schlagen versucht?

Fiedler: Es ist kein österreichisches Spezifikum, dass RH-Berichte in der politischen Arena zum jeweils eigenen Vorteil verwendet werden. Es ist nur wichtig, dass sich ein RH-Präsident darauf einstellt, dass er nicht überrascht ist, wenn es dazu kommt. Natürlich muss er auch damit rechnen, dass jene politische Gruppierung, der ein Bericht nicht gelegen kommt, den RH kritisiert, oft sogar scharf kritisiert. Darauf muss sich ein Präsident einstellen, aber es hat ihn nicht zu stören. Der RH darf nicht vor einer Kritik zurückschrecken, weil diese Kritik politische Implikationen mit sich bringen kann.

Die Furche: Sie haben einmal vorgeschlagen, den Rechnungshof von der Legislative zu trennen ...

Fiedler: Ich habe den Gedanken geäußert, ob man nicht den RH zwischen den Gewalten ansiedeln könnte - und habe dabei das deutsche Vorbild im Auge gehabt. Die Positionierung der Rechnungshöfe ist weltweit sehr unterschiedlich, wobei die Stellung des Rechnungshofes als Organ der Legislative nicht die meiste Verbreitung hat. Letztlich ist es aber nicht so wesentlich, wie diese Positionierung aussieht, sondern wesentlich ist, dass in jedem Fall die Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Und in Österreich ist der RH als Organ des Nationalrates nicht schlecht positioniert und konnte in den letzten zwölf Jahren auch durchaus davon profitieren.

Die Furche: Ein Fan von Ihnen sagt, Sie hätten den RH vom Erbsenzählverein in ein effektives Kontrollorgan umgewandelt - stimmt das?

Fiedler: Also bitte, das muss ich bestreiten. Das klingt ja so, als hätte es den RH vor meiner Amtszeit praktisch nicht gegeben. Der RH war auch vor mir ein sehr effektives Organ. In meiner Zeit als Präsident haben eine ganze Reihe von gravierenden Änderungen im politischen Umfeld stattgefunden: Denken Sie nur an unseren EU-Beitritt - all dem musste der RH Rechnung tragen. Ebenfalls in meiner Zeit hat sich herauskristallisiert, dass der Umweltschutz in erhöhtem Maße einer Überprüfung bedarf. Und es hat sich auch gezeigt, dass es erforderlich ist, verstärkt Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzunehmen, und nicht nur Rechtmäßigkeits- oder Ordnungsmäßigkeitsprüfungen.

Die Furche: Wenn Sie ein weiteres Jahr im Amt wären - was würden Sie noch unbedingt machen wollen?

Fiedler: Die offenen Prüfungen würde ich gerne zu Ende bringen. Aber ein zusätzliches Jahr ändert eigentlich nichts, weil ja immer wieder neue Prüfungen laufen. Einmal muss ein Schnitt gemacht werden, es geht nicht anders. Die zwölf Jahre sind immer festgestanden. Ich habe mich darauf eingestellt - und ich sehe mit Gelassenheit den letzten Tagen entgegen.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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