Mediokratie auf Österreichisch

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Trautl Brandstaller, Journalistin und Politologin, zu den Neuwahlen.

Die schleichende Übernahme der Macht durch die Medien in der Demokratie, gemeinhin "Mediokratie" genannt, vollzieht sich in den europäischen Ländern auf sehr unterschiedliche Weise.

Vorreiter war Silvio Berlusconi, der durch sein Privatfernsehimperium und durch die Zerstörung des staatlichen Fernsehens zweimal die Staatsmacht eroberte und gerade dabei ist, den klassischen europäischen Rechtsstaat auszuhebeln. Nicolas Sarkozy wiederum freundete sich mit sämtlichen Chefs der französischen Medienkonzerne an und lässt unbotmäßigen Redakteuren mit Kündigung drohen. Und Österreichs Sozialdemokraten haben ihr schon länger währendes Techtelmechtel mit der Kronenzeitung jetzt in eine offizielle Liaison umgewandelt. Hans Dichand hat sein Ziel erreicht: Die SPÖ tanzt nach seiner Pfeife, aus dem "Vorhof der Macht" ist er ins Zentrum vorgedrungen. Er streichelt nicht länger seinen Hund, er streichelt jetzt Werner Faymann, den ersten Vorsitzenden der SPÖ, der von Hans Dichand ernannt wurde. Ein weiter Weg, den die österreichischen Sozialdemokraten da zurückgelegt haben - von Victor Adler bis zu Werner Faymann, vom Victor Adler-Zitat, wonach es besser sei, mit dem Volk zu irren als gegen das Volk recht zu behalten, zur aktuellen SPÖ-Devise, wonach es offenkundig besser ist, mit der Krone zu irren, als gegen die Krone recht zu behalten.

Trotzdem dürfte sich die SPÖ täuschen, wenn sie glaubt, dank Hans Dichand schon die Wahlen gewonnen zu haben. Zunächst wird sich die Krone hüten, ihre Sympathien allzu einseitig zu verteilen, sie wird sie zumindest zwischen Faymann und Strache aufteilen. Und außerdem eignet sich die EU keineswegs als Wahlkampfthema. Die Leute haben andere Sorgen - sie spüren, dass sie immer weniger in der Börse haben, sie können sich dank Inflation und gestiegenen Energiepreisen immer weniger leisten, sie sorgen sich um ihre Arbeitsplätze und um die ihrer Kinder. Wer auf diese realen Probleme setzt, wird im Wahlkampf punkten. Was uns bevorsteht, ist also eine Eskalation sozialer Heuchelei. Alle Parteien werden uns erklären, dass sie nur die Interessen der kleinen Leute vertreten und "soziale Wärme für alle" zum Ziel haben. Die Unterscheidung der Geister, wie sie von Katholiken gefordert wird, wird nicht einfach werden.

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