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Judith Galarza über politische Hintergründe der Morde.

Die Furche: Warum gibt es in Ciudad Juárez diese Zunahme an Gewalt gegenüber Frauen seit 1993?

Judith Galarza: Gravierende soziale Probleme entladen sich in einer steigenden Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen; das kann man auch in anderen Gesellschaften beobachten. Doch bei der speziellen Situation in Ciudad Juárez sollen die Morde an Frauen die anderen Frauen einschüchtern und verängstigen und zum Schweigen bringen. Man versucht sie davon abzuhalten, eine politische Kraft zu werden, die in der Lage ist, eine Regierung ein- oder abzusetzen. So wird der Regierungswechsel von 1992 im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua, in dem Ciudad Juárez liegt, auf die große weibliche Wahlbeteiligung zurückgeführt.

Die Furche: Die Mächtigen haben Angst vor den Frauen?

Galarza: Seit Jahren sind es hauptsächlich wir Frauen, die für die Einhaltung der Menschenrechte in Lateinamerika kämpfen. Es waren vor allem die Frauen, die sich massiv gegen die Diktaturen und neoliberalen, angeblich demokratischen Regierungen stellten. Die Mütter waren es, die jeden Donnerstag zum Plaza del Mayo in Buenos Aires zogen, um gegen die Verhaftung und das Verschwindenlassen Tausender zu protestieren, was schließlich im Sturz der argentinischen Diktatur mündete.

Die Furche: Wie können die Morde in Ciudad Juárez gestoppt werden?

Galarza: Viele der Präventivmaßnahmen, die von den Menschenrechtsorganisationen verlangt wurden, hat man gemacht. Aber, sie haben das Problem der Morde nicht gelöst und werden es nicht lösen. Erst wenn die Morde gründlich untersucht werden, wenn man die Verantwortlichen dafür findet, sie vor Gericht bringt und sie bestraft, wird das Problem an der Wurzel gepackt.

Die Furche: Kann Österreich in dieser Sache helfen?

Galarza: Wir erwarten von der österreichischen Regierung, dass sie das Vorhaben unterstützt, die Morde in Ciudad Juárez als Thema für den in zwei Wochen stattfindenden EU-Lateinamerika-Gipfel in Mexiko auf die Tagesordnung zu setzen. Damit der Staat Mexiko verpflichtet wird, die Frauen von Ciudad Juárez ausreichend zu schützen. Ohne diesen Druck der internationalen Öffentlichkeit wird weiterhin nichts geschehen.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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