Bedroht sein - von sexuellem Missbrauch bis zum Islam

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Auch Ängste sind tatsächlich wirklich. Allein schon deshalb verdienen sie Anerkennung und Respekt durch jene, die Angst haben, und durch ihre Mitmenschen. Und wer hat schon keine Angst. Aber Ängste geben keine zuverlässige Auskunft über die Realität. Denn das persönliche Gefühl des Bedrohtseins ist eine Sache, die tatsächliche Bedrohung eine andere Sache.

Ein fast klassisches Beispiel für die Kluft zwischen Bedrohungsgefühl und Bedrohung kann die weit verbreitete Angst vieler Eltern gesehen werden, ihr Kind könnte besonders in der Öffentlichkeit sexuell missbraucht werden, obwohl über 90 Prozent der Fälle sexuellen Missbrauchs unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Familie geschehen.

Je größer und in sich geschlossener Bedrohungsszenarien sind, umso mehr müssen sich die anderen ändern. Und wer die Bedrohung nicht gleich sieht, erscheint als blauäugig, weltfremd oder ignorant. Was im persönlichen oder beruflichen Umfeld dann vielleicht "Alles eine Intrige!" heißt, ist im politischen, religiösen Kontext vergleichbar der Rede von der "islamischen Gefahr". Angesichts islamischer Revolutionsgarden, Taliban-Milizen, palästinensischer Selbstmord-Attentätern, eines jüngst aufgedeckten Terrornetzwerkes islamischer Fundamentalisten in Europa und saudi-arabisch finanziertem Moschee-Boom eigentlich ein allzu verständliches Bedrohungsszenario. Aber wer sagt denn, dass dies alles die eigentliche Realität des Islam ist, sein wahres Gesicht? Eine Milliarde Muslime als politische und religiöse "Zeitbombe"? Und woher kommt die Kenntnis des Islam? Und wie wird ein Dialog möglich, wenn der andere als Goliath erscheint?

"Mit Hochachtung betrachtet die Kirche die Muslime", heißt es schon in der Konzelerklärung Nostra Aetate: Wer in diese Schule des II. Vatikanums geht, könnte für sein Leben mit Muslimen jedenfalls neue Möglichkeiten entdecken.

Martin Jäggle ist Professor an der Religionspädagogischen Akademie Wien und Autor von Religionsbüchern. Zusätzlich engagiert er sich in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit.

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