Beware of Böse

Bis dato habe ich die hartnäckige Frage meines Dreieinhalbjährigen, wo denn um Himmels Willen der Krampus wohne, nicht zufriedenstellend beantworten können. Kein Wunder: Schließlich offenbaren sich ständig neue mögliche Meldeadressen dieses vorweihnachtlichen Wüterichs. Bis vor Kurzem hätte ich noch schwören können, der Krampus sei im heiligen Land Tirol daheim. Zumindest hat jene umtriebige Event-Agentur, die das Einkaufszentrum unseres Vertrauens allsamstäglich mit Brot und Spielen versorgt, ihre letztwöchigen Perchten-Darsteller in Kufstein rekrutiert. Hoffentlich wurden die mit dem Bus herangekarrten Bösewichte auch ordentlich bezahlt: So viele Wiener Kleinkinder mit so kunstvollen Fratzen so effizient zu traumatisieren, das war schon eine reife Leistung.

Eine noch reifere Leistung in Sachen Panikproduktion hat Bret Easton Ellis vorgelegt. Der Autor des erfolgreichen Anti-Einschlaf-Buches American Psycho hat selbst abgebrühte Leserinnen wie Freundin J. fast dazu gebracht, sein Opus angewidert aus dem Fenster zu werfen. Am Ende konnte J. sich doch noch überwinden, die detailverliebte Geschichte des Yuppie-Serienkillers Patrick Bateman atemlos zu inhalieren.

Im Einkaufszentrum unseres Vertrauens habe ich nun Ellis' neuesten Wurf erspäht: Imperial Bedrooms, ein Buch über ehedem verwöhnte, psychopathische Jugendliche, die heute als verwöhnte, psychopathische Mittvierziger in Los Angeles ihr Unwesen treiben. Das Cover der englischsprachigen Ausgabe wird von der dunklen Silhouette eines gehörnten Mannes geziert. Wohnt der Krampus also in L.A.? Oder gar im Kopf von Bret Easton Ellis? Ich werde es wohl nie erfahren - weil das albtraumhafte Büchlein ungekauft im Laden bleibt. Wenn schon Qualen, dann reicht ein neugieriger Knirps.