Die Rabbinerin in Wien

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Christen (darunter Christine Gleixner, Österreichs Ökumene-Vorsitzende), Muslime (mit Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft) und Politik (Wiens Stadträtinnen Elisabeth Pittermann und Renate Brauner) waren prominent vetreten, als Eveline Goodman-Thau im Prunksaal der Nationalbibliothek zur Rabbinerin der liberalen jüdischen Gemeinde Or Chadasch inauguriert wurde.

Goodman-Thau ist die erste Rabbinerin in Wien; Frauen können das Rabbinat nur bei liberalen oder konservativen jüdischen Gemeinden übernehmen. Gleichwohl wurde Goodman-Thau in Jerusalem von einem orthodoxen Rabbiner ordiniert. Die zwischen Jerusalem, Berlin - und jetzt auch Wien - pendelnde Schriftgelehrte kehrte nach 66 Jahren in ihre Geburtsstadt zurück; 1939 musste ihre Familie nach Holland flüchten, wo sie sich bis Kriegsende versteckte: "Unsere Wiener Wohnung lag nahe der Kirche der Barmherzigen Brüder", erzählt Goodman-Thau im Gespräch, "und auch heute wohne ich in dieser Gegend. Wenn ich die Kirche sehe, denke ich: Wo ist die Barmherzigkeit geblieben?"

Auch in ihrer Inaugurationsrede sprach Goodman-Thau über die Vergangenheit: "Die Ausgrenzung der Verbrechen an den Juden wäre ein Verbrechen an der Tradition selbst." Die Rabbinerin forderte zur "Begegnung mit dem jüdischen Erbe Europas" auf: Dieses fördere jenseits der Schuldfrage die Möglichkeiten, neue Lebensformen zu gestalten. Es geht nach den Worten von Goodman-Thau nicht nur ums "Wachhalten der Erinnerung an das Leiden der Hingemordeten", sondern auch um die "kardinale Frage": "Gibt es für die nächste Generation eine Möglichkeit, sich zu der eigenen Tradition zu stellen?" An dieser Aufgabe will die liberale Wiener Rabbinerin mitarbeiten.

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