Kein Sieg der Raketenpolitik

Werbung
Werbung
Werbung

Liquidierung ist nicht Liquidierung: Kein europäischer Politiker hätte protestiert, wenn Osama bin Laden von einer Rakete getroffen und getötet worden wäre. Niemand in der EU hätte von Lynchjustiz gesprochen. Und keiner hätte es verurteilt, wenn demokratische Staaten in Bedrohungssituationen zu derart völkerrechtswidrigen Methoden greifen. Warum dann die Aufregung um den israelischen Raketenangriff auf Scheich Ahmed Yassin? Was unterscheidet Yassin von Bin Laden? War der Scheich weniger Terrorist, weniger radikal als der El Kaida-Chef?

Fehlanzeige: An einem Nebeneinander zwischen Israelis und Palästinensern war Yassin nie interessiert; er wollte einen islamischen Gottesstaat in der gesamten muslimischen Welt - auf den Ruinen Israels und, falls erforderlich, auch auf den Ruinen der arabischen Nationalstaaten. Er wollte das, was Osama bin Laden will. Der einzige Unterschied: Bin Laden glaubte, den Kampf für beider Ziel mit der Zerstörung des World Trade Centers in New York beginnen zu müssen; der Scheich hielt mehr davon, seine Selbstmordbrigaden in israelische Diskotheken, Cafés und Bushaltestellen zu schicken.

Israel ist das Opfer von Doppelmoral, grob unterschiedliche Maßstäbe werden angelegt: Die eine Liquidierung ist gerechtfertigt, die andere, die israelische ist es nicht. Liquidierung ist Liquidierung; was für El Kaida gilt, muss auch für Hamas oder die Fatah gelten. So lange Europa - von den USA gar keine Rede - nicht von einer Israelisierung seiner eigenen Antiterrorpolitik Abstand nimmt, ist der erhobene Zeigefinger gegenüber Israel Heuchelei. Keine europäische Raketenpolitik, nie und nimmer, auch nicht gegen El Kaida - nur so darf Europas Antwort auf Israels befohlene Attentate lauten. Aus der Überzeugung heraus, dass der Terror so nicht zu besiegen ist.

wolfgang.machreich@furche.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung