Kleine Gender-Geschichte

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Man kommt nicht als Frau zur Welt. Man wird es": Mit diesem Diktum in ihrem Buch "Das andere Geschlecht: Sitte und Sexus der Frau" bringt Simone de Beauvoir 1949 den Unterschied zwischen dem sozialen oder psychologischen Geschlecht einer Person (gender) und ihrem biologischen Geschlecht (sex) auf den Punkt. Beauvoir gilt (wie Elisabeth Badinter oder Alice Schwarzer) als Vertreterin des Gleichheitsfeminismus, der gleiche Rechte für Männer und Frauen postuliert, während der Differenzfeminismus dies als Anpassung an das "patriarchale Ordnungssystem" ablehnt. Ab den 1990er Jahren entstehen neben diesen Feminismen postmoderne Varianten wie Gender Studies (darunter auch die kritische Männerforschung) bzw. Queer Studies (vom englischen "queer": komisch, seltsam oder "to queer": irreführen, durcheinander bringen). Der Dualismus "männlich-weiblich" wird hier abgelehnt, man setzt auf Dekonstruktion. Prägend wird Judith Butlers Buch "Das Unbehagen der Geschlechter" (1990) sowie die Rede von "Doing Gender" (Geschlecht als Ergebnis sozialen Handelns) bzw. "Undoing Gender", wie es Butler 2004 in ihrem gleichnamigen Buch beschreibt. Vier Jahre später nimmt die US-amerikanische katholische Ordensfrau Margaret A. Farley in "Just Love. A Framework for Christian Sexual Ethics" die Kategorie Gender konsequent auf: Prompt wird das Buch vom Vatikan als "nicht katholisch" bezeichnet.

Auf politischer Ebene soll Gender durch die Strategie des Gender Mainstreamings umgesetzt werden. Der Begriff wird erstmals 1985 auf der 3. UN-Weltfrauenkonferenz in Nairobi diskutiert. Seit dem Vertrag von Amsterdam von 1997/1999 ist Gender Mainstreaming erklärtes Ziel der EU. Bei jeder staatlichen Aktion müssen demnach auch die geschlechtsspezifischen Folgen bewertet werden. In Österreich wurde 2000 eine interministerielle Arbeitsgruppe für Gender Mainstreaming eingerichtet, um die Strategie bundesweit umzusetzen. Gender ist damit endgültig im Mainstream angekommen.

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