Wachsende "Sympathy for the Devil“?

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Die zwei jungen Männer aus dem deutschen Rottenburg waren fasziniert von der Welt der Vampire - und natürlich von Satan höchstselbst. Im Juni 2013 agierten sie ihre Gewalt- und Tötungsfantasien schließlich blutig aus: Mitten in Prag stiegen der 16- und der 22-Jährige in ein Taxi, lotsten den Fahrer an eine abgelegene Stelle - und hieben mit Axt und Schraubenschlüssel auf ihn ein. Der Mord, der demnächst vor der Großen Jugendkammer am Tübinger Landgericht verhandelt wird, hat in Deutschland die Diskussion über Satanismus einmal mehr belebt. Auch in Italien kam es in den letzten Jahren zu spektakulären Straftaten. Rund 650 satanistische Sekten seien hier aktiv, heißt es.

Und wie sieht es in Österreich punkto "Sympathy for the Devil“ aus, um einen Klassiker der Rolling Stones zu zitieren? Zumindest seitens der offiziellen Beratungs- und Informationsstellen wurden in den vergangenen Jahren kaum besorgte Anfragen registriert. Zugleich warnt man vor voreiligen Zuschreibungen: "Nicht jeder, der schwarz angezogen ist, ist ein Satanist“, weiß Stefan Lorger-Rauwolf vom Referat für Weltanschauungsfragen der Erzdiözese Wien. "Und wenn jemand, 666‘ auf eine Kirchentür schreibt, kann das auch ein Lausbubenstreich sein.“ Provozieren könne man mit dem Teufel jedenfalls leicht - ein großer Reiz für Pubertierende.

Vor allzu schnellen Verteufelungen warnt auch German Müller von der Bundesstelle für Sektenfragen: "Spezielle christliche Bewegungen, die prinzipiell Rockmusik ablehnen, treffen sehr rasch Zuordnungen in Richtung, satanistisch‘“, weiß er. Nicht jeder, der Horror- oder Vampir-Filme schätze, werde jedoch zum Mörder. "Aber natürlich besteht die Gefahr, dass Menschen in schwierigen Situationen satanistische Ideen aufgreifen. Worum es im Satanismus geht, ist eben häufig Machtgewinn.“ Insgesamt könne man zwei Arten von Satanismus unterscheiden: ordensmäßige, geheim agierende Gruppen, etwa nach dem Vorbild des von Aleister Crowley geprägten Ordo Templi Orientis (OTO) bzw. Anton LaVeys "Church of Satan“; oder jugendzentrierten Satanismus, der provozieren und auffallen will. "Was sich in der Gothic-Szene abgespielt hat, war eher ein metaphorischer Satanismus“, weiß Philipp Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung. Vermeintlich satanistische Symbole wie das fünfzackige Pentagramm wurden hier neuheidnisch aufgeladen - ähnlich wie im rechtsextremen Milieu. Die Verwirrung ist also groß, zumal angesichts des massenhaften Materials im Internet. Der Rat der Experten an die Eltern: keine Observation oder Inquisition, aber "begleitende Aufmerksamkeit“. (dh)

Kostenfreie Info bei der Bundesstelle für Sektenfragen: (01) 513 04 60

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