Wer Geld hat, kann sich seine Abgaben offenbar sparen.
Wenn Hans Weiss sich ans Recherchieren macht, endet es meist mit Erklärungsbedarf seitens der Führungsriege nationaler und internationaler Konzerne. Schon das Erfolgsbuch "Schwarzbuch Markenfirmen" füllte er, gemeinsam mit Klaus Werner, mit Recherchen zu den dubiosen Machenschaften großer Firmen und machte es damit zum Bestseller.
Diesmal hat er sich gemeinsam mit Ernst Schmiederer aufgemacht, die Welt der Steuerparadiese und Abgabenvermeidungstechniken zu erkunden. Dabei - bestätigt sich wieder einmal - muss man Gesetze gar nicht brechen, um keine oder wenigstens so gut wie keine Steuern zu zahlen. Wenn man genug Geld hat, kann man es mit Hilfe ausgefuchster Steuerberater und spezialisierter Wirtschaftsanwälte auch einfach nur ein bisschen beugen - und spart schnell schon ein paar Millionen Euro.
Zum Beispiel, indem man eine Firma in einer der 13 Freihandelsszonen von Dubai gründet, durch die man mit ein bisschen Geschick auch die Steuern der Muttergesellschaft erheblich senken kann. Oder indem man Tochtergesellschaften in einem der zahlreichen anderen Steuerparadiese errichtet. Oder Verluste mit anderen Konzerntöchtern gegenverrechnet. Oder ... Möglichkeiten und Gesetzeslücken gibt es genug, eine ganze Schar an hoch bezahlten, aber rentablen Beratern hat sich darauf spezialisiert, sie für ihre Klienten aufzuspüren.
Und warum werden diese Lücken nicht geschlossen? Weil die Unternehmen die gleichen oder ähnliche Lücken sonst in anderen Ländern suchen und mitsamt den Arbeitsplätzen ganz abwandern, heißt es gern. Klingt also, als wäre Steuervermeidung ganz im Sinne der Gemeinschaft. Aber dann ist plötzlich die Rede von fehlenden Mitteln für Sozialausgaben, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und für mehr Kindergärten. Das Buch ist flockig und locker geschrieben, wütend macht es trotzdem.
Und damit man auch gleich weiß, auf wen man die Wut (und - wenn man ganz ehrlich ist - auch den Neid, nicht zu denen zu gehören, die mit ausgefuchsten Konstruktionen monatlich mehr Geld sparen können, als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer jemals verdienen wird), damit man also weiß, auf wen man diese Wut fokussieren kann, finden sich im Anhang säuberlich aufgelistet die Bösesten der bösen Steuervermeider mitsamt den Tricks, die sie laut den Autoren anwenden. Wer schon das Schwarzbuch Markenfirmen mochte, wird auch für dieses Buch viel übrig haben.
ASOZIALE MARKTWIRTSCHAFT
Von Hans Weiss, Ernst Schmiederer.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004.
341 S., geb., e 20,50
