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Aus guten Gründen - Zweifel

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(Im Lokaldienst der Kathpress ist der FURCHE zum Vorwurf gemacht worden, daß sie unangenehmen Fragen ausweiche. Sie habe, gleich wie die „Neue Kronen-Zeitung“, keinerlei Notiz von dem „Synodalen Vorgang“ [ÖSV] genommen. Dieser Vorwurf stimmt in keiner Welse. Bereits in der Nummer vom 10. November wurde eine kurze, zusammenfassende Nachricht über den ÖSV gebracht. Oft Ist es nicht sofort möglich, eine kritische Stimme über ein bestimmtes Ereignis zu erhalten. Dies gilt auch für den ÖSV. Dankenswerterweise hat auf Ersuchen der FURCHE der bekannte Wiener Kirchenrechtler DDr. Alexander Dordett diese kritische Stellungnahme vorgenommen:)

Es gibt sicher Berufenere, die als Augenzeugen über die Vorgänge berichten könnten, selbst wenn der Anfang sich eher kleinlaut anhörte. Ein so versierter Kenner der Materie wie Kathpress-Chef Dr. Richard Bärta kennzeichnet den Beginn als eine „ÖSV in Moll“ (Cursillo, Jahrgang 10, Nr. 111, Mai 1973).

Dennoch wäre diese Zitation nicht ausreichend, da hoffnungsvolle und trübe Aspekte wechseln. Zu letzteren gehören die Tatsachen: Die „Aufsichtsräte“, das heißt die Bischöfe, stimmten nicht mit, sie „redeten kaum“, sie hätten „aus ihrer Reserve nie einen Hehl gemacht“; die Delegierten kämen zu 75 bis 80 Prozent aus dem kirchlichen Apparat, das „Interesse im kirchlichen Raum“ fehle, die Pfarrer hätten ihre Gemeinden nie auf den ÖSV aufmerksam gemacht.

So skeptisch allerdings läßt Barta seine Impressionen nicht ausklingen; er will sich vielmehr „doch noch mit einem seelischen Bauchaufschwung zum Optimismus aufraffen“. Daher schließt er: „Hoffen wir also, einstweilen noch gegen die Hoffnung.“

Es muß weitergehen

Kaum war das Konzil abgeschlossen, ertönte der Ruf nach einer Weiterentwicklung. Sicher ist das richtig, denn auch Konzile basieren nicht auf augenblicklichen Einfällen, sie sind aus einer mitunter langen theologischen Entwicklung hervorgegangen. Den Weg einer Entwicklung hat auch die postkonziliare Theologie einzuschlagen, allerdings mit einer Einschränkung: sie darf nicht zu einer Entwicklung gegen das Konzil führen, und ebensowenig darf sie eine Kirchendisziplin entwickeln, die dem Rahmengesetz eindeutig widerspricht. Ich wage die Behauptung, daß kaum ein anderes kirchliches Ereignis der Gegenwart so verfehlt zitiert wird wie das Konzil. „Im Geiste des Konzils“ bedeutet nur zu oft: gegen den Buchstaben und auch gegen den Geist des II. Vaticanums.

Nicht unähnlich war die Lage in Österreich, wo in knapper Folge Di-özesansynoden abgehalten worden

sind. Für so manchen Berufssyn-odalen kam das Ende zu früh. Noch war zuwenig erneuert worden, obgleich eine sich rechtsfeindlich gebärdende Synode einen Wust von neuen Bestimmungen produziert hatte, wie er dem ärgsten Juridismus bis dahin fremd war.

Der tiefere Grund lag allerdings im Verlangen, die nur mühsam eingedämmten Mitspracherechte („Kollegialität und Subsidiarität auf allen Ebenen“) nicht nur erneut auf den Tisch zu legen, sondern auch zu erweitern. Das Anliegen war von einem doppelten Ziel geprägt: eine überdiözesane Synode vermag nicht nur ein ganzes Land zu beherrschen, sie ist auch imstande, dem Mitspracherecht eine bisher ungeahnte Ausdehnung zu verleihen; es geht nicht mehr um Pfarre, Dekanat, Vikariat und Diözese, sondern um die Kirche Österreichs.

Das läßt sich nicht nur aus dem Zusammenhang folgern, sondern auch aus dem Werdegang. Als Überbrückung zwischen Konzil und Di-özesansynode einerseits und dem angestrebten Nationalkonzil anderseits sollten die in Österreich formierten postkonziliaren Kommissionen fungieren. Da diese nach Meinung der Bischofskonferenz einer Fehlentwicklung unterlegen waren, wurden sie in dieser Form aufgelassen. Der 1964 erfolgte Tod von Prälat Rudolf zog nicht nur eine personelle, sondern auch eine sachliche Veränderung nach sich. So trat das Pastoral-institut an die Stelle eines überdi-özesanen Seelsorgeinstituts, neben dem eine Pastoralkommission tätig wurde. Die Zuordnung beider Einrichtungen ist nicht nur rechtlich geregelt, sondern vor allem durch eine Gesinnungsgemeinschaft garantiert.

Hier wurden nicht nur die Weichenstellungen in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Journalisten festgelegt, sondern jene Methoden

praktiziert, die für das Vorgehen kennzeichnend sind.

Unklare Ziele, unklare Auftraggeber

Die Abhaltung einer österreichischen Nationalsynode wurde von den Bischöfen unmißverständlich abgelehnt. Ganz abgesehen von den Be-

denken inhaltlicher Art, hätte man auch den Heiligen Stuhl um Erlaubnis zur Abhaltung der Kirchenversammlung fragen und damit zugleich in Kauf nehmen müssen, daß ein Apostolischer Legat den Vorsitz übernommen hätte.

Aus dem ergibt sich nun schlüssig, daß es sich weder um eine Synode im eigentlichen Sinn handelte noch um ein Gremium mit Beschlußfassungsrecht. Wer das verheimlicht, handelt unaufrichtig. Das vorhin zitierte Schweigen der Bischöfe und ihre Nichtteilnahme an den Abstimmungen ist daher selbstverständlich. Durch die Abstempelung der Bischöfe zu „Aufsichtsräten“ wird ein Konzept bloßgelegt, das eine Verschiebung der Rechtsverhältnisse bedingt. Unvermeidlich entstünde die Frage, in wessen Namen und Auftrag die „Aufsichtsräte“ zu handeln hätten.

Die Zurückhaltung der Bischöfe hindert jedoch die Förderer der Synode oder Vertreter des Apparates keineswegs, bei verschiedenen Anlässen für sich bischöfliche Autorität in Anspruch zu nehmen. Ich könnte Beispiele dafür anführen, daß Fachleute unter Berufung auf einen Bischof oder die Bischofskonferenz „ersucht“ wurden, Sitzungen abzuhalten oder Gutachten abzugeben. Hatte man den Mut, darauf hinzuweisen, daß eine Rückfrage das Fehlen eines Auftrages ergeben hätte, so war ein tieferes Schweigen die einzige Reaktion. Solche Einzelfälle beleuchten, wie leichtfertig hier mit der Zitierung einer Autorität umgegangen wird.

Unter einer ähnlichen Doppeldeutigkeit leidet die Festlegung des Unterschiedes zwischen Nationalsynode und Synodalem Vorgang, gekoppelt vielleicht mit der Unklarheit, die dem Ausdruck „österreichische Kirche“ anhaftet. Das darf auch nicht zur Verwunderung führen, sind es doch die gleichen Autoren, die einst für die Abhaltung einer Nationalsynode plädierten, nun aber sich öffentlich dazu bequemen müssen, die Nomenklatur zu ändern. Entspricht dem auch die innere Einstellung? Folgerichtig wird von einer „Dachsynode aller österreichischer^ Diözesen gesprochen“, und dies in einer offiziellen Aussendung („Syn-

ode Österreichs“, Nr. 1 vom September/Oktober 1972).

Warum die Uninteressiertheit?

Der Synodale Vorgang bietet in seiner personalen Zusammensetzung ein buntes Bild. Bischöfe, die ein Pflichtpensum erfüllen, katholische Laien, die einer guten Sache dienen wollen, enthusiastische Gremiumsmitglleder, die man überall trifft, kirchliche Manager und ideologische Drahtzieher.

Jedem sei das Recht zugebilligt, seine Meinung offen zu sagen und sich damit abstempeln zu lassen. So kennen wir die Thesen: das Volk Gottes regiert sich selbst, gibt sich ein Gesetz und wacht über dessen Einhaltung. Die Ämter von Pfarrer, Dechant, Bischofsvikar und Bischof werden durch Gremien oder Kollegien abgelöst. „Der Pfarrer, das ist der Pfarrgemeinderat.“ Diese Äußerung eines prominenten Synodalen hat die Gegenwartssituation ausgeleuchtet, und die Äußerung erfolgte spontan.

Das große Unbehagen entsteht nicht dadurch, was gesagt oder feierlich proklamiert wird. Das Verschweigen oder Entstellen läßt Dimensionen erahnen, die nicht mehr in das offizielle Programm hineinpassen. Immer wieder entstehen Regiefehler, die altbekannte Töne hervorlocken. Hier wird die Transparenz zu einer einseitigen Angelegenheit. Man will dem anderen in die Karten schauen, legt aber seine eigenen nicht auf den Tisch.

Weil das ein Dauerzustand zu sein

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